Das heutige Robert-Bosch-Krankenhaus wurde 1973 auf dem Burgholzhof eingeweiht. Es ist ein Stiftungskrankenhaus, das auf eine private Initiative Robert Boschs (1861-1942) aus dem Jahr 1915 zurückgeht. Der erste Standort der Klinik war am Pragsattel in Stuttgart.

Robert Boschs (1861-1942) große Aufmerksamkeit galt zeitlebens Gesundheitsfragen im Allgemeinen wie der Homöopathie im Besonderen. In seinem Testament benannte er daher Gesundheit als Hauptförderungszweck und verwies auf die Relevanz des von ihm unterstützten Krankenhauses. Bosch selbst war seit seiner Kindheit mit der Homöopathie vertraut und hatte mit der Behandlungsmethode positive Erfahrungen gemacht. Insofern gab er ihr den Vorrang vor schulmedizinischen Therapien, wobei er die Wirksamkeit von minimalen Dosen durch Ergebnisse in der Hormon- und Vitaminforschung belegt sah. Wie viele seiner Zeitgenossen vertrat er die Meinung, dass die Schulmedizin in einer Krise stecke und eine allzu materialistische und mechanistische Anschauung vertrete. Bosch folgte einem pragmatischen Ansatz, in dem vorwiegend niedrige Verdünnungsstufen verwendet wurden und die Homöopathie im Verbund mit anderen Erfolg versprechenden Verfahren eingesetzt werden sollte. Neben seinem Engagement für den Bau und Betrieb eines Krankenhauses gründete Bosch 1925 den Hippokrates-Verlag, dessen Publikationen als Forum für einen Austausch der verschiedenen medizinischen Schulen gedacht waren.

Am 7. Juni 1915 war Bosch an der Gründung der „Stuttgarter Homöopathische Krankenhaus GmbH“ beteiligt, die das Ziel verfolgte, in Stuttgart ein entsprechendes Krankenhaus aufzubauen. Die Lehre Samuel Hahnemanns (1755-1843) hatte zahlreiche Anhänger in Württemberg und so gab es bereits bis 1900 in Stuttgart eine homöopathisch geführte Klinik. Nach dem Tod von deren Leiter gab es zwei Initiativen, die sich für eine weitere solche Einrichtung einsetzten: 1901 rief der Arzt Richard Haehl (1873-1932) als Sekretär des Dachverbands der homöopathischen Laienvereine Württembergs „Hahnemannia“ einen Krankenhausfonds ins Leben, und 1904 wurde unter Mitwirkung des Arztes Karl Stiegele (1850-1937) der Verein „Stuttgarter homöopathisches Krankenhaus“ gegründet. Diese Gruppen hatten für etwa 100.000 Mark ein Gelände auf der Gänsheide erworben. Nach einem ersten Bauentwurf 1906 stockten die Pläne. Erst die Stiftung von drei Millionen Reichsmark durch Bosch in der neu gegründeten Gesellschaft ermöglichte den gemeinsamen Baubeginn im Jahr 1915. Doch beendete das kriegsbedingte Bauverbot das Vorhaben vorzeitig. Während des Ersten Weltkriegs unterstützte Bosch daher ein Kriegslazarett in der Friedrichstraße 24. Infolge der Inflation wurden die ursprünglichen Pläne aufgegeben. In einem ehemaligen Wohngebäude in der Marienstraße entstand ab 1921 vielmehr ein homöopathisches Behelfskrankenhaus mit 73 Betten.

Nachdem man von dem früheren Bauplatz Abstand genommen hatte, war 1931 ein Grundstück am Pragsattel erworben worden. Seinerzeit schien die freie Lage für den Bau eines Krankenhauses sowie die Wirkung von Luft und Licht auf die Patienten sehr günstig. Doch erst zu seinem 75. Geburtstag konnte Robert Bosch 1936 die Krankenhauspläne konkret fortführen. Der Bau begann im Mai 1937. Noch während dieser Arbeiten wurde das ursprünglich für 220 Betten geplante Gebäude so erweitert, dass es 320 Betten Platz bot. Infolgedessen stiegen auch die Kosten, sodass Robert Bosch letztendlich mehr als 6,7 Millionen Reichsmark investierte.

Im April 1940 wurde das Robert-Bosch-Krankenhaus offiziell eröffnet. Es galt als eine der modernsten Kliniken in Europa. Die Krankenzimmer hatten nur wenige Betten, waren alle mit Terrasse oder Balkon versehen, die Aufteilung des Hauses in verschiedene medizinische Abteilungen sowie die technische Ausrüstung mit Bäder-, Röntgen- und Operationsräumen entsprachen dem aktuellen Stand. Geplant waren ferner große Liegehallen sowie ein Licht- und Luftbad, was jedoch nicht umgesetzt wurde. Somit verband das Krankenhaus in seiner Architektur die lebensreformerischen Auffassungen von Bosch mit modernen rationalistischen Baukonzepten. Es war Boschs Anliegen, dass in dem Krankenhaus verschiedene Ansätze, die sich bewährt hatten, angewandt und zugleich in einer klinischen Forschungsstätte erprobt werden sollten. Dies galt einerseits für die Homöopathie, doch wurden andererseits physikalische Therapien mit verschiedenen Bädern und Massagen sowie die Diätetik der Ernährungslehre systematisch eingesetzt. Rechtsträgerin des Krankenhauses war die „Stuttgarter Homöopathisches Krankenhaus GmbH“.

Nach 1945 wurde die Bettenanzahl auf 360 erhöht und 1956 die Röntgenabteilung erweitert. Um den 160 Schwestern Wohnraum und Lehrräume für eine Krankenpflegeschule zu bieten, wurde 1957 ein eigenes Wohnheim gebaut. Nur wenige Jahre später zeigte sich jedoch, dass die vormals als ideal eingestufte Lage des Krankenhauses Erweiterungs- und Modernisierungsplänen entgegenstand. Ab 1964 wurden daher Überlegungen zu einem Neubau angestellt. Für die erst in diesem Jahr gegründete Robert Bosch Stiftung war das Projekt in den kommenden Jahren die größte Herausforderung. Im Zuge der Umstrukturierungen der Besitzverhältnisse bei der Gründung der Stiftung wurde sie alleinige Gesellschafterin der in den 1970er Jahren in „Robert Bosch Krankenhaus GmbH“ umbenannten Trägergesellschaft der Klinik. Im Juli 1965 erwarb man ein etwa sechs Hektar großes Gelände am Burgholzhof. Mit dem Bau konnte erst 1969 begonnen werden, nachdem die bisherige Liegenschaft an die Stadt Stuttgart verkauft worden war. Später gingen Gelände und Gebäude in Landesbesitz über. Heute befindet sich dort die Landespolizeidirektion.

Das neue Robert-Bosch-Krankenhaus wurde im März 1973 mit 470 Betten eröffnet. Die Baukosten lagen bei 115 Millionen DM. Verschiedenen Gründe, zu denen sowohl interne organisatorische und personelle Schwierigkeiten, Konflikte zwischen verschiedenen inhaltlichen Auffassungen und Zielvorstellungen als auch der allgemeine strukturelle Wandel von Krankenhäusern und der Erfolg der Schulmedizin nach 1945 gehörten, führten dazu, dass es sich zunehmend als schwierig erwies, die homöopathische Therapie in den klinischen Betrieb zu integrieren. Daher spielte die Homöopathie nach dem Umzug in das neue Gebäude kaum noch eine Rolle. Stattdessen sollten einerseits das Institut für Klinische Pharmakologie, das durch eine Spende von Robert Boschs ältester Tochter Margarete Fischer-Bosch (1888-1972) gegründet wurde, sowie andererseits die Medizingeschichtliche Abteilung (ab 1974 Medizingeschichtliche Forschungsstelle) diese Heilweise weiter erforschen. Letztere verwahrte den Nachlass Samuel Hahnemanns, den Robert Bosch 1926 von Richard Haehl erworben hatte. Aus dieser Abteilung ist das heutige Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung hervorgegangen.

Der Schwerpunkt des Robert-Bosch-Krankenhauses lag seit seiner Gründung auf den inneren Abteilungen, ergänzt um Chirurgie und Gynäkologie. Ab 1948 war auch die Urologie vertreten. Während ursprünglich keine abgegrenzten Fachgebiete bestanden, wirkte sich die zunehmende Spezialisierung in der Medizin im Neubau auf die einzelnen Abteilungen aus. Neben der Einrichtung einer Intensivmedizin, der Röntgen- und Strahlentherapie, der Nuklearmedizin und der Anästhesie sowie der chirurgischen und gynäkologischen Abteilung wurden im „Zentrum für innere Medizin“ fünf Spezialbereiche gebildet. Dabei sollte das sogenannte Departmentsystem die Beibehaltung der ganzheitlichen Behandlung der Patienten durch ein kooperatives Zusammenwirken der Ärzte ermöglichen. Auch eine Krankenpflegeschule gab es. Seit 1978 ist die Klinik Lehrkrankenhaus der Universität Tübingen und zählt damit zu den wenigen nicht universitären Häusern, die einen Forschungsauftrag erfüllen.

Nur wenige Jahre nach der Eröffnung erfolgten Überlegungen zu einem Ausbau der Klinik, da die chirurgische Abteilung erweiterungsbedürftig war. Daher öffnete 1984 die Herzchirurgische Abteilung, die 1986 einen Neubau erhielt. Aus ihr ging das Zentrum für Operative Medizin hervor. Zur gleichen Zeit gab es erste Pläne, eine Psychosomatische Abteilung einzurichten. Dies erfolgte jedoch erst 1999. Veränderte Anforderungen sowie Modernisierungsbedarf führten Anfang der 1990er Jahre zu einer erneuten Zielplanung, die mit der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg abgestimmt wurde. Die erweiternden Baumaßnahmen begannen 1994, wobei zusätzliche Wohnräume für das Pflegepersonal eingeplant waren. Der Schwerpunkt Rehabilitation wurde 1998 durch die Eröffnung einer eigenen Klinik erweitert. Bis zum Jahr 2000 waren alle Baumaßnahmen des Planungsabschnitts abgeschlossen. In einem weiteren Schritt wurden in einem neuen Funktionsgebäude ab 2012 das Irmgard-Bosch-Bildungszentrum, die Abteilung für Psychosomatische Medizin sowie das Comprehensive Cancer Center untergebracht. Um Krebsbehandlungen zu verbessern, wurde 2016 das Robert Bosch Centrum für Tumorerkrankungen eingerichtet.

Heute nimmt das Krankenhaus, zu dem seit 2006 die Kliniken Schillerhöhe und Charlottenhaus gehören, als Einrichtung der Zentralversorgung mit mehr als 1.000 Betten vielfältige Aufgaben innerhalb der medizinischen Versorgung wahr. In den Abteilungen sowie interdisziplinären Zentren steht das Zusammenwirken verschiedener Fachrichtungen und Therapien unter Berücksichtigung individueller Gesichtspunkte im Mittelpunkt. Seit 2022 ist das Krankenhaus Teil des „Bosch Health Campus“. In diesem bündelt die Robert Bosch Stiftung alle Aktivitäten im Gesundheitsbereich, um den aktuellen Herausforderungen des Gesundheitswesens zu begegnen.

Text: Marion Baschin
Schlagworte: Stuttgart-Bad Cannstatt, Wissenschaftsfestival
Quellenhinweise:

 

 

Literaturhinweise:

Claus-Michael Allmendinger, Struktur, Aufgabe und Bedeutung der Stiftungen von Robert Bosch und seiner Firma. Ein Beitrag zur Geschichte des Stiftungswesens in Württemberg von 1900 bis 1964, Mannheim 1977.
Thomas Faltin, Homöopathie in der Klinik. Die Geschichte der Homöopathie am Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus von 1940-1973 (Quellen und Studien zur Homöopathiegeschichte, Bd. 7), Stuttgart 2002.
Theodor Heuss, Robert Bosch. Leben und Leistung, Stuttgart 112002.
Robert-Bosch-Krankenhaus (Hg.), Begegnungen. Die Kunst zu helfen und zu heilen, Stuttgart 2000.
Robert-Bosch-Krankenhaus (Hg.), Dokumentation, Stuttgart 1973.
Robert Bosch Stiftung (Hg.), Chronik 1964-2000, Stuttgart 2000.
Manfred Sack, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, Stuttgart/London 2010.
Peter Theiner, Robert Bosch. Unternehmer im Zeitalter der Extreme, München 2017.

GND-Identifier: 2019909-0
Publiziert am: 23.06.2022
Empfohlene Zitierweise:
Marion Baschin, Robert-Bosch-Krankenhaus, publiziert am 23.06.2022 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/a9030162-0dd4-4d71-b40d-b4d9f609b2e5/Robert-Bosch-Krankenhaus.html