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Der VfB Stuttgart, ausführlich Verein für Bewegungsspiele Stuttgart 1893 e.V., ist Stuttgarts größter Sportverein. Bekannt ist er vor allem durch seine erfolgreiche Fußballabteilung, die fünf Mal die Deutsche Meisterschaft gewann.

Der VfB ging 1911 aus einer Fusion des „Fußballvereins Stuttgart 1893“ mit dem vier Jahre jüngeren „Kronenklub Cannstatt“ hervor. Beide Klubs wurden von Schülern gegründet, die sich auf dem Wasen trafen, um den damals neuen Ballsportarten nachzugehen. Bereits in den 1860er Jahren soll dort Rugby gespielt worden sein. Philipp Heineken – später erster Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes – reklamierte für das 1905 mit Stuttgart vereinigte Cannstatt sogar „die Ehre, Fußball in Deutschland zuerst gespielt zu haben“. Im Jahr der Fusion gelang dem Verein der Aufstieg in die oberste Fußball-Liga, deren Spiele nun auf dem Kronenklub-Platz in Münster vor einer mitunter vierstelligen Zuschauerzahl ausgetragen wurden. Im Ersten Weltkrieg hielten Jugendliche und Fronturlauber, später eine Spielgemeinschaft den Spielbetrieb am Leben, ehe er 1917 eingestellt wurde.

Nach Kriegsende fanden rasch wieder Spiele statt. Entwickelte sich der Fußball in den Jahren der Weimarer Republik endgültig zu einem Massenphänomen, stieg der VfB zur gleichen Zeit zu einer seiner ersten Adressen in Württemberg auf. 1919 kehrte er auf den Wasen zurück, auf dem ehemaligen Exerzierplatz entstand ein kleines Stadion. 1927, 1930 und 1932 nahm der VfB an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft teil. Die Professionalisierung des Fußballs äußerte sich auch in der nun eingeholten internationalen Expertise: Die Trainer hießen „Ted“ Hanney, ehemaliger englischer Profispieler, oder Lajos Kovács, ehemaliger ungarischer Nationalspieler. Dennoch blieb Fußball von Verbands wegen ein Amateursport – die daraus resultierenden Konflikte trafen auch den VfB: 1929 verurteilte ihn der DFB wegen verbotener Zahlungen zu einer Spielsperre. Auch in der Leichtathletik und im Hockey zählte der VfB zu Württembergs Besten, zudem spielten seine Mitglieder Handball, Faustball oder Rugby. Mit der mittlerweile erreichten Popularität des Fußballs konnten es diese Abteilungen aber nicht aufnehmen.

Von einer Sperre wegen Verstoßes gegen das Amateurprinzip war auch der begnadete Spielmacher Willi Rutz betroffen. Er verließ den VfB Ende der 1920er Jahre, kehrte 1931 jedoch als Trainer zurück und durfte ab 1932 auch wieder als Spieler wirken. Mit ihm gewann der VfB 1933 den Süddeutschen Pokal. Als Kapitän führte Rutz die Elf aufs Spielfeld, die am 23. Juni 1935 im Finale um die Deutsche Meisterschaft dem FC Schalke 04 mit 4:6 unterlag. 1937 wurde der VfB noch einmal Dritter in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft und schien sich in der nationalen Spitzengruppe zu etablieren. Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurden zahlreiche Sportler eingezogen, der Spielbetrieb zunächst in kleinräumigeren Ligen fortgeführt, ehe in den letzten Kriegsjahren zunehmend chaotische Zustände herrschten. Sein letztes Spiel vor Kriegsende bestritt der VfB am 2. April 1945 gegen die KSG Untertürkheim-Wangen. Es wurde beim Stand von 5:2 wegen Fliegeralarms abgebrochen.

Der VfB Stuttgart war in der Weimarer Republik kein dezidiert nationalsozialistischer Verein, führende Mitglieder vertraten indes fraglos militaristische und nationalistische Ideen. Ab 1932 stand dem VfB in Hans Kiener ein NSDAP-Mitglied vor, zudem erlaubte der Klub der Partei im selben Jahr, seine Sportanlage für eine Kundgebung zu nutzen – gegen das ausdrückliche Verbot der Stadt Stuttgart. Dieser frühzeitigen Unterstützung der NSDAP konnte sich der VfB nach seiner geräuschlosen „Gleichschaltung“ im NS-Staat rühmen. Als er 1935 die Vizemeisterschaft feierte, präsentierten sich Stuttgarts nationalsozialistische Parteigrößen an der Seite der erfolgreichen Mannschaft. Nachdem der VfB sein altes Vereinsgelände räumen musste – hier entstand die städtische „Schwabenhalle“ – erhielt er 1937 eine neue, repräsentative Anlage neben der 1933 für das Deutsche Turnfest errichteten „Adolf-Hitler-Kampfbahn“. Sportlicher Erfolg, politische Linientreue und gute Beziehungen zur Stadtspitze können als Gründe für die großzügige Unterstützung der Kommune bei ihrem Bau angeführt werden. 1945 lag das neue Vereinsgelände in Schutt und Asche. Richard Ney, Sportarzt und Hockey-Abteilungsleiter, war – wie alle jüdischen VfB-Mitglieder – ausgeschlossen worden und konnte in die USA emigrieren. Über das Schicksal weiterer jüdischer Mitglieder ist nichts bekannt. Angehörige von NS-Organisationen wurden nach Kriegsende aus Funktionärsämtern entfernt, fanden jedoch schnell wieder einen Platz im Vereinsleben, unter ihnen der langjährige „Vereinsführer“ Kiener und sogar Emil Friz. Friz hielt im Auftrag der Partei Propagandareden vor Wehrmachtssoldaten und war beim VfB als „Dietwart“ für die ideologische Schulung der Mitglieder verantwortlich.

Fritz Walter, seit 1934 Stellvertreter und ab 1944 selbst „Vereinsführer“, wurde im Entnazifizierungsverfahren als unbelastet eingestuft und übernahm nach der Zulassung durch die amerikanische Militärverwaltung den VfB-Vorsitz. Walter, vor allem aber VfB-Torhüter Ernst Schnaitmann und Ex-VfB-Funktionär Curt Müller, gegen den die NS-Presse wegen seiner angeblichen SPD-Mitgliedschaft gehetzt hatte, bereiteten überhaupt dem Spielbetrieb in der amerikanischen Zone und der Oberliga Süd die Bahn. Die Kontinuität an der Vereinsspitze und ihre Vernetzung waren gewichtige Voraussetzungen für den schnellen und erfolgreichen Wiederaufbau der sportlichen Strukturen beim VfB. Um in der neuen Oberliga spielen zu können, wechselte das große Zuffenhausener Talent Robert Schlienz 1945 zum VfB. Obwohl Schlienz 1948 bei einem Autounfall einen Arm verlor, führte der Angreifer den VfB Stuttgart 1950 zur ersten Deutschen Meisterschaft, die er durch einen 2:1-Sieg gegen Kickers Offenbach vor 95.000 Zuschauern in Berlin errang. Die zweite Meisterschaft 1952 sowie die DFB-Pokalsiege 1954 und 1958 markierten die Höhepunkte dieser erfolgreichsten Phase der Vereinsgeschichte, die mit dem Namen Georg Wurzers verbunden ist, der zwischen 1947 und 1960 als Trainer amtierte. Spätestens als der VfB Stuttgart 1963 in die neu geschaffene Bundesliga aufgenommen wurde, hatte er auch den Konkurrenzkampf mit dem Stadtrivalen Kickers für sich entschieden und war zum unumstrittenen sportlichen Aushängeschild Stuttgarts avanciert.

Auch unterhalb der ersten Mannschaft erlebte die Fußball-Abteilung des VfB Erfolge. 1963 gewann die zweite Mannschaft die Deutsche Amateurmeisterschaft. 1973 feierte die A-Jugend die Deutsche Meisterschaft. Bereits zuvor war der VfB für seine Jugendarbeit bekannt, heute nennt sich der Verein aufgrund der folgenden Titel in A- und B-Jugend „Jugendrekordmeister“. Die Bundesliga-Mannschaft des VfB konnte den anfänglich erzielten fünften Rang nur noch 1969 bestätigen, 1975 stieg der Verein in die 2. Bundesliga Süd ab. Die sportliche Krise kostete Präsident Hans Weitpert das Amt. Der Verleger war 1969 angetreten, den bis dahin von Fritz Walter geführten Club zu modernisieren und wählte dabei mitunter ungewöhnliche Methoden: So ging er beispielsweise daran, den seit den 1920er Jahren etablierten roten Brustring der Fußballtrikots durch „zeitgemäße“ Gestaltungselemente zu ersetzen.

Am Saisonende 1974/75, zum Zeitpunkt des Abstiegs, war bereits Gerhard Mayer-Vorfelder Präsident des VfB Stuttgart. Der CDU-Politiker stand dem Verein bis zum Jahr 2000 vor. In seine Amtszeit fällt die Professionalisierung der VfB-Strukturen, beginnend mit der Einstellung eines hauptamtlichen Geschäftsführers. Sportlich erwies sich die Verpflichtung des Trainers Jürgen Sundermann als Glücksgriff, dieser führte den Verein im Jahr 1977 zurück in die Erstklassigkeit, wo er sich auf Anhieb in der Spitzengruppe etablierte. 1984 feierte der VfB unter Trainer Helmut Benthaus seine erste Deutsche Meisterschaft in der Bundesliga – punktgleich mit den zweit- bzw. drittplatzierten Hamburger SV und Borussia Mönchengladbach, doch mit der besseren Tordifferenz. Zu verdanken war diese insbesondere der sichersten Defensivreihe jener Saison um das Brüderpaar Bernd und Karlheinz Förster.

Der VfB sorgte in den folgenden Jahren durch das Erreichen des DFB-Pokalfinales 1986, vor allem aber durch sein Abschneiden im UEFA-Cup 1988/89 für Schlagzeilen. Erst in den beiden Endspielen musste er sich dem SSC Neapel geschlagen geben. 1992 wurde der VfB mit Guido Buchwald und Torschützenkönig Fritz Walter zum vierten Mal Deutscher Meister, als Trainer wirkte Christoph Daum. Die zweite Hälfte der 1990er Jahre prägte das „Magische Dreieck“ aus Krassimir Balakov, Giovane Elber und Fredi Bobic. Höhepunkt war der DFB-Pokalsieg 1997. Ein Jahr später drang der VfB abermals in ein europäisches Finale vor, scheiterte im Europapokal der Pokalsieger jedoch am FC Chelsea.

Den Klub plagten im Jahr 2000, als Präsident Mayer-Vorfelder an die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes wechselte, finanzielle Probleme, weshalb er gezwungen war, auf Nachwuchsspieler zu setzen. Dies zahlte sich jedoch in der unerwarteten Vizemeisterschaft 2003 und der erstmaligen Champions-League-Teilnahme aus. Die wirtschaftliche Sanierung gelang unter den Präsidenten Manfred Haas (2000-2003) und dessen Nachfolger Erwin Staudt (2003-2011), in dessen Amtszeit der größte Erfolg der jüngeren Vergangenheit fiel: 2007 wurde der VfB mit Trainer Armin Veh zum fünften und bis dato letzten Mal Deutscher Meister. Zudem verbesserte der Verein durch den Umbau der nunmehrigen Mercedes-Benz-Arena in ein reines Fußballstadion bis 2011 seine infrastrukturellen Voraussetzungen. Trotzdem stieg der VfB, der 2013 noch einmal das Pokalfinale erreicht hatte, 2016 zum zweiten Mal aus der Bundesliga ab.

Der VfB Stuttgart e.V. verfügt heute über gut 60.000 Mitglieder und unterhält sieben Amateursportabteilungen, darunter eine Tischtennis- und eine (Fußball-)Schiedsrichterabteilung, eine derzeit inaktive Handballsparte sowie die „Garde“ als Geselligkeitsabteilung. Die Faustballsparte feierte Mitte der 2000er Jahre je zwei nationale Titel auf dem Feld und in der Halle, zuletzt den Weltpokal in der Klasse Männer 55. Die Herrenmannschaft der traditionsreichen Hockeyabteilung kehrte 2017 in die Oberliga zurück. Aus der Leichtathletikabteilung ging etwa Olympia-Medaillengewinner Helmar Müller hervor. Über den Wiederaufstieg der ersten Fußballmannschaft 2017 hinaus bestimmte zuletzt die Diskussion um eine Ausgliederung der Fußballabteilung das Vereinsgeschehen. Am 1. Juni 2017 entschieden die Mitglieder, die Fußballsparte vom Gesamtverein zu lösen und in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln.

Text: Gregor Hofmann
Schlagwort: Stuttgart-Bad Cannstatt
Quellenhinweise:

Stadtarchiv Stuttgart 13 Hauptaktei 225.
Staatsarchiv Ludwigsburg F 303 III Bü 2116.

Literaturhinweise:

Erwin Gechter, 60 Jahre Verein für Bewegungsspiele Stuttgart 1893, Stuttgart 1953.
Hardy Grüne, Mit dem Ring auf der Brust. Die Geschichte des VfB Stuttgart, Göttingen 2006.
Philipp Heineken, Erinnerungen an den Cannstatter Fussball-Club, Heidelberg 1930.
Gregor Hofmann, Der VfB Stuttgart und der Nationalsozialismus (Wissenschaftliche Schriftenreihe des Instituts für Sportgeschichte Baden-Württemberg, Bd. 12), Schorndorf 2018.
Oliver Trust (Hg.), VfB ein Leben lang, Darmstadt 2013.
VfB Stuttgart (Hg.), VfB Stuttgart – Chronik. Zahlen, Daten und Fakten, München 2013.

GND-Identifier: 2025208-0
Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Gregor Hofmann, VfB Stuttgart, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/e95af0f5-c4a7-422d-963d-f00f17046069/VfB_Stuttgart.html