Johann Schuckard wirkte als Professor für Mathematik am Stuttgarter Gymnasium illustre und als herzoglicher Antiquar der Stuttgarter Kunstkammer. Sein Schaffen stand im Kontext der wachsenden Bedeutung der Naturwissenschaften in der Zeit um 1700.

Johann Schuckard (Schuckardt, Schuckhert) wurde am 24. August 1640 in Alsfeld in Hessen geboren. Er starb am 23. September 1725 in Stuttgart und wurde am 26. September 1725 dort begraben. 1658 hatte er sich an der Universität in Gießen immatrikuliert. Schuckard heiratete 1681 in Heslach Anna Katharina. Sie war die Tochter des Physikus Tobias Wagner aus dessen erster Ehe und die Witwe des Oberratskanzlisten Johann Georg Sattler.

Schuckard kam als Sekretär eines unbekannten württembergischen Prinzen nach Württemberg, wodurch er über günstige Voraussetzungen für seine Übernahme in weitere Ämter verfügte. Als herzoglicher Rat und Geheimer Landsekretär wurde er 1686 zum Professor für Mathematik und Naturwissenschaften an dem in diesem Jahr vom Herzogadministrator Friedrich Karl (1652-1698) wieder eingerichteten Stuttgarter Pädagogium ernannt. Erweitert zum Gymnasium illustre übernahm diese Einrichtung als höhere Lehranstalt mit sieben Klassen die universitätsvorbereitende Ausbildung sowohl für Theologen als auch für andere Fakultäten. Während die unteren fünf Klassen weiterhin als Pädagogium bezeichnet wurden, galten die oberen zwei Jahrgänge als gymnasiale Klassen, in denen der Unterricht fast ausschließlich durch Vorlesungen von Professoren gestaltet wurde. Mit der Neueinrichtung wurde der Fächerkanon um Naturwissenschaften, Geschichte und die französische Sprache erweitert. Aus dem Gymnasium illustre ging das Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums hervor.

Schuckards Deputat betrug bei seiner Einstellung neun Wochenstunden, in denen er Mathematik in den oberen Klassen nach dem Kompendium Synopsis mathematicae universalis des Tübinger Theologen und Mathematikers Johann Jakob Heinlin (1588-1660) unterrichtete. Bei einer Visitation des Gymnasiums im Jahr 1692 präsentierte Schuckard seinen Unterricht in Astronomie, Arithmetik und Geografie, beklagte sich jedoch auch über die mangelnde Disziplin der Schüler. 1697 unterrichtete Schuckard in den oberen beiden Klassen vier Wochenstunden Mathematik und drei Wochenstunden Naturlehre. Anlässlich der Visitation des Gymnasium illustre im Jahr 1698 beklagte er sich erneut über das Desinteresse an seinem Unterricht in Mathematik und über das Fernbleiben Adliger in seinen Kursen. Gleichzeitig musste auch er Kritik erfahren: Er selbst wurde als sonderbar bezeichnet und sein Unterricht als zusammenhanglos bewertet. Bei der Visitation 1707 legte Schuckard mit seinen Memorabilia Gymnastica schließlich einen 37 Punkte umfassenden Katalog an Beschwerden und Verbesserungsvorschlägen vor, die 1708 im Konsistorium verhandelt wurden. 1722 trat Schuckard im Alter von 82 Jahren in den Ruhestand.

Wie auch andere Lehrer des Gymnasium illustre, die als Prinzenerzieher, Vorsteher der herzoglichen Bibliothek und des Münzkabinetts tätig waren, bekleidete Johann Schuckard am herzoglichen Hof ein weiteres Amt. 1690 wurde er nach dem Tod des bisherigen Amtsinhabers Daniel Moser (1642-1690) als Kunstkammerantiquar eingestellt. Nach dem Verwaltungsbeamten Moser stand damit erstmals ein Naturwissenschaftler den herzoglichen Sammlungen kostbarer Kunstwerke, seltener Naturalien und wissenschaftlicher Geräte vor.

Schuckard, der bei seinem Amtsantritt schon 50 Jahre alt war, hatte zunächst die Aufgabe, die größtenteils im Alten Lusthaus aufgestellte Kunstkammer nach Regensburg zu evakuieren, da infolge des Pfälzischen Erbfolgekriegs Plünderungen durch französische Truppen befürchtet wurden. Nach der Rückführung der Sammlungen nach Stuttgart 1698 bemühte er sich zusammen mit dem Rentkammersekretär Jakob Backmeister (1665-1722) um eine neue Konzeption der Aufstellung der Objekte im Alten Lusthaus und um eine akribische Inventarisierung der einzelnen Objektgruppen. Zu diesen Konvoluten, die großenteils in 23, mit Glastüren versehenen Schränken verwahrt oder frei im Raum aufgestellt waren, erstellte der Antiquar circa 20 Inventarbände, von denen heute noch 14 erhalten sind. Schuckards Systematik, in der die Schränke und Inventare fortlaufend mit den Buchstaben des lateinischen Alphabets bezeichnet waren, hatte über 50 Jahre, bis zum Ende der Amtszeit seines Nachfolgers, Bestand.

Ebenso wie um die Konzeption der Sammlungen bemühte sich Schuckard um die Aufnahme weiterer Objekte in die Kunstkammer. So erbat er 1702 von Herzog Eberhard Ludwig die Übertragung zweier Globen aus der Kanzlei sowie numismatischer Bücher an die Kunstkammer und engagierte sich für den Ankauf weiterer Bücher für die Münzsammlung. Auch der Tausch von Objekten, Nachforschungen zum Verbleib neu aufgefundener Münzen und zu entliehenen Gegenständen sowie die Bezahlung von Büchern oblagen Schuckard in seinem Amt als Antiquar. Er arbeitete mit naturwissenschaftlichen Büchern, indem er sie zur vergleichenden Bestimmung der in der Kunstkammer vorhandenen Naturalien heranzog und seine Erkenntnisse in den Inventaren notierte. Die Inventare, in denen Schuckard auch historische Informationen und Maßangaben zu Objekten vermerkte, wurden damit zu den ausführlichsten Dokumenten der Kunstkammer mit der Funktion von Objektkatalogen.

Der Hallenser Theologe August Hermann Francke beschrieb anlässlich seines Besuchs der Kunstkammer im Jahr 1717 bemerkenswerte Details zur Tätigkeit Johann Schuckards in seinem Tagebuch. Der Antiquar führte Francke und seine Begleiter in einem festgelegten Rundgang durch die Sammlungen und erläuterte einzelne Themen und Objekte, darunter auch ein von ihm selbst konstruiertes Gerät, das offensichtlich der Messung von Luftströmungen diente. Schuckard zeigte den Besuchern sein in Wachs gearbeitetes Porträt und schenkte Francke einen Kupferstich mit seinem Bildnis. Auf dem Porträtstich ließ sich Schuckard – umgeben von Büchern – mit Münzen, einem Himmelsglobus, Musikinstrumenten und einem Notenblatt darstellen. Die beigefügte Inschrift wies ihn als Mathematiker, Musiker und Numismatiker aus. Mit der Präsentation seiner Kenntnisse und den bildlichen Darstellungen bewirkte er die Identifikation seiner Person mit der Institution der Kunstkammer.

Johann Schuckard hatte das Amt des Kunstkammerantiquars bis 1723 inne. Sein Nachfolger wurde sein Neffe Johann Gottfried Schuckard (1680-1752), der seit 1712 als sein Assistent in der Einrichtung tätig gewesen war. Während Johann Schuckard in seinen pädagogischen Aufgaben nicht uneingeschränkt erfolgreich war, konnte er als Naturwissenschaftler in der Kunstkammer seine vielfältigen Kenntnisse und Fähigkeiten einbringen und die herzoglichen Sammlungen im Kontext der wachsenden Bedeutung der Naturwissenschaften in der Zeit um 1700 erweitern und aktualisieren.

Text: Carola Fey
Schlagworte: Stuttgart-Mitte, Wissenschaftsfestival
Quellenhinweise:

Hauptstaatsarchiv Stuttgart Kunstkammerinventare A 20a.

Literaturhinweise:

Carola Fey, Die Geschichte der württembergischen Kunstkammer, in: Die Kunstkammer der Herzöge von Württemberg. Bestand, Geschichte, Kontext, hg. vom Landesmuseum Württemberg Stuttgart, Ostfildern 2017, S. 73-101.
Werner Fleischhauer, Die Geschichte der Kunstkammer der Herzöge von Württemberg in Stuttgart (VKgL, Reihe B, Bd. 87), Stuttgart 1976.
Gustav Lang, Geschichte der Stuttgarter Gelehrtenschule von ihren ersten Anfängen bis zum Jahre 1806 (Geschichte des humanistischen Schulwesens in Württemberg Bd. 3, 2. Halbbd., 1. Teil), Stuttgart 1928.

GND-Identifier: 1152351567
Publiziert am: 23.06.2022
Empfohlene Zitierweise:
Carola Fey, Johann Schuckard (1640-1725), publiziert am 23.06.2022 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/de0425f6-10b7-46dc-98ae-fd374299a209/Johann_Schuckard_%281640-1725%29.html