Rapp war Kaufmann und Tuchhändler, Kunstenthusiast und -schriftsteller, Mitarbeiter in Johann Friedrich Cottas „Morgenblatt“, Erfinder der künstlerischen Lithographie, Freund der Künstler und Schriftsteller. Goethe rühmt ihn als „wohl unterrichteten Kunstfreund“.

Die Tuchhandlung, die der erst 22-jährige Gottlob Heinrich Rapp nach dem frühen Tod seines Vaters 1783 übernahm, hatte im Schatten der Stiftskirche eine prominente Lage. In diesem Haus in der Stiftsstraße 7, dessen Garten sich bis zum ehemaligen Graben ausdehnte, der heutigen Königstraße, war er geboren. Hier machte ihn sein Vater nach Abgang vom Gymnasium illustre in den Jahren 1775 bis 1778 mit dem künftigen Beruf bekannt. Schon 1774 besuchte der 13-Jährige mit seinem Vater, Philipp Heinrich Rapp (1723-1783), die Frankfurter Messe, wobei es zu geschäftlichen Beziehungen mit dem Bankier Daniel Gontard kam, der zwölf Jahre später Susette Borkenstein, Hölderlins ‚Diotima‘, heiratete.

Die Geschäftsreisen, die das „Tuchausschnittsgeschäft“ notwendig machte, verband Rapp früh schon mit dem Besuch von Kirchen, Schlössern und öffentlichen Kunstsammlungen. Aus dem Jahr 1783 ist zwischen April und August eine fünfmonatige Bildungsreise ins Rheinland, nach Belgien, Holland und Frankreich überliefert. In Paris begegnete er dem Stuttgarter Maler Philipp Friedrich Hetsch, der ihn damals und Jahre später, 1815, porträtierte. Das Reisetagebuch schrieb er für Gotthold Friedrich Stäudlin, den Stuttgarter Anwalt, Schriftsteller und unglücklichen Fortsetzer der „Vaterländischen Chronik“ von Christian Friedrich Daniel Schubart. Nach der Rückkehr nach Stuttgart und der Übernahme der Tuchhandlung 1783 gründete Rapp im Mai 1785 eine eigene Familie. Er heiratete Friederike Eberhardine Walz (1765-1834), eine Stuttgarter Apothekertochter, die ihm zwölf Kinder gebar und ihn um zwei Jahre überlebte.

Der gewandte Kaufmann Rapp übernahm bald öffentliche Ämter in der Stadt: 1789 wurde ihm die Verwaltung des Magazins der herzoglichen Spiegelfabrik übertragen, die unter schwierigen Bedingungen für Karl Eugens Schlösser in Ludwigsburg, auf der Solitude und Hohenheim Spiegel im Schwäbischen Wald herstellte; 1794 wurde die Manufaktur geschlossen. 1792 bis 1830 war er Assessor des herzoglichen, dann königlichen Wechselgerichts; 1808 bis 1816 wird ihm von König Friedrich die kaufmännische Direktion der Tabaksrohhandlung übertragen; 1814 die Kontrolle und 1818 die Leitung der Hofbank; 1816 ist er an der Gründung eines Wohltätigkeitsvereins beteiligt, und am 12. Mai 1818 wird ihm der Vorsitz der württembergischen Sparkasse übertragen, zwei der karitativen Initiativen der früh verstorbenen Königin Katharina, der Gemahlin von König Wilhelm I.

Im August 1793 kam Friedrich Schiller, elf Jahre nach seiner Flucht, mit seiner Frau Charlotte wieder nach Württemberg. In Ludwigsburg wurde ihr erster Sohn Carl geboren. Rapp, der mit vielen Kunst-Absolventen der Hohen Karlsschule Umgang hatte und der schon 1790 Johann Heinrich Danneckers Schwager geworden war, machte nun Schillers Bekanntschaft: Beide tauschten sich über Aspekte der Landschaftsmalerei, Landschaftsdichtung und die Theorie der Gartenkunst aus, der sich Gottlob Heinrich Rapp mit Verve zuwandte. Der herzogliche Garten des Schlosses Hohenheim war öffentlich zugänglich geworden, und Rapp entwickelte in fünf Cotta‘schen „Taschenkalendern für Natur- und Gartenfreunde“, 1795 bis 1799, eine Lesart für diese Gartenkunst. Schiller rezensierte bereits den ersten dieser Bände in der „Jenaer Allgemeinen Litteratur Zeitung“. Bei Gelegenheit dieser Reise formte Dannecker Schillers Gewandbüste nach römischem Vorbild.

Als Johann Wolfgang Goethe Ende August/Anfang September 1797 auf seiner Reise in die Schweiz durch Stuttgart kam, war er von Schiller bereits an Rapp empfohlen; beide durchstreiften die Stuttgarter Künstlerateliers, besuchten den Park in Hohenheim. Rapp wurde in Berichten nach Weimar als „wohlunterrichteter Kunstfreund“ charakterisiert und die Stuttgarter Tage sahen sich, fremdenverkehrspolitisch wirkungsvoll, vom Geheimen Rat mit seinen Tagen in Rom verglichen.

Eine Folge des Aufenthalts in Stuttgart und Tübingen war Goethes verlegerische Verbindung mit Johann Friedrich Cotta, vermittelt durch Schiller, gestärkt durch Rapp. Dieser nahm großen Anteil an Cottas Gründung des „Morgenblatts für gebildete Stände“. Er verband sich 1807 mit dem Verleger bei der Einrichtung einer lithographischen Druckerei, mit dem Ziel, das „Morgenblatt“ zu illustrieren. 1810 veröffentlicht er die Ergebnisse seiner lithographischen Experimente unter dem Titel „Das Geheimnis des Steindrucks“. Für das „Morgenblatt“ und das 1816 als Beilage gegründete „Kunstblatt“ lieferte Rapp Beiträge zwischen 1807 und 1825. In diesen Blättern berichtete Rapp u.a. über den Tod Philipp Jakob Scheffauers, über Eberhard Wächters Gemälde; er schrieb die Nekrologe auf Gottlieb Schick und den Kupferstecher Johann Friedrich Wilhelm Müller; rühmte den Landschaftsmaler Gottlob Friedrich Steinkopf und Danneckers „Ariadne“, deren Verkauf nach Frankfurt er gefördert hatte. Er berichtete von den neuesten Errungenschaften auf dem Feld der Lithographie ebenso wie von der von ihm initiierten ersten Kunst- und Industrieausstellung im Stuttgarter Alten Schloss und feierte – neben weiteren Themen und Gegenständen – die Besuche von Lord Elgin, Canova und Thorwaldsen in Stuttgart. Daneben förderte er die Überführung der Sammlung Boisserée nach Stuttgart und besorgte die Veröffentlichung der „Geschichte der Mahlerei in Italien“ der Brüder Riepenhausen.

Das Rapp‘sche Haus in der Stiftsstraße war ein Mittelpunkt der Stuttgarter Künstler und Gelehrten geworden. Hier verkehrten neben den erwähnten Stuttgart-Reisenden auch Johann Friedrich Cotta und die Autoren seines Verlags, Friedrich Haug, Georg Reinbeck, Friedrich von Matthisson, Friedrich Rückert, Ludwig Tieck und Nikolaus Lenau. Gustav Schwab und seine weitverzweigte Familie waren mit Rapp vielfach verschwägert.

Familiäre Verbindungen mit der Kunstszene waren darüber hinaus durch die Heirat von Rapps Nichte Henriette (1792-1823) mit dem Kupferstecher Johann Friedrich Wilhelm Müller (1782-1816) geflochten, 1811; seine Tochter Charlotte heiratete den Musikalienhändler Gustav Adolf Zumsteeg, 1825; die Tochter Mathilde den Sammler Sulpiz Boisserée, 1828; sie gab 1862, acht Jahre nach dem Tod des Sammlers, die Werkausgabe mit Boissereés Briefen, seinen autobiographischen Aufzeichnungen und Memoiren heraus.

Gottlob Heinrich Rapp, dessen Lebensmaxime war, dass Kunst glücklich mache, war 1827 noch an der Gründung des Württembergischen Kunstvereins beteiligt; bis 1830 übernahm er auch dessen Leitung. Zu seinen Initiativen gehörte 1829 die Gründung einer Staatlichen Kunstschule. Dann zog er sich „durch die Beschwerden des Alters genöthigt“ von seinen vielen Aufgaben zurück und starb im 72sten Lebensjahr am 9. März 1832.

Rapps „Kunstfreund“ Johann Wolfgang Goethe folgte wenige Tage später, und beider Verleger Johann Friedrich Cotta in den letzten Tagen des Jahres 1832. Er wurde am 2. Januar 1833, einen Steinwurf vom Grab seines Freundes Rapp entfernt, auf dem Stuttgarter Hoppenlaufriedhof begraben.

Text: Anna Marie Pfäfflin
Schlagwort: Stuttgart-Mitte
Literaturhinweise:

Nathanael Friedrich KÖSTLIN, Dem Andenken des verstorbenen Geheimen Hof= und Domänen=Raths Heinrich v. Rapp, Ritters des Ordens der württembergischen Krone, gewidmet von seinen Hinterbliebenen, Stuttgart 1832.
Anna Marie PFÄFFLIN, Gottlob Heinrich Rapp. Goethes „wohl unterrichteter Kunstfreund“ in Stuttgart. 1761-1832 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart, Bd. 107), Stuttgart 2011.
Gustav STRÖHMFELD, G. H. Rapp sein Haus und seine Gäste, Stuttgart 1892.
August WINTTERLIN, Der Stuttgarter Kaufmann Gottlob Heinrich Rapp 1761-1832, Stuttgart 1892 (denselben Text siehe auch in: WVjH, 1 (1892), Heft I und II, S. 141-174).
Bernhard ZELLER, Gottlob Heinrich Rapp (1761-1832). Ein Beitrag zur Geschichte der Kultur des Stuttgarter Bürgertums, in: Natur und Idee. Andreas Bruno Wachsmuth zugeeignet. Im Auftrag des Vorstands der Goethe-Gesellschaft in Weimar zum 30. November 1965, hg. von Helmut HOLTZHAUER, Weimar 1966, S. 298-327.
Bernhard ZELLER, Gottlob Heinrich Rapp und das kulturelle Leben in Stuttgart um 1800, in: ZWLG, hg. v. d. Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg und dem Württembergischen Geschichts- und Altertumsverein Stuttgart, Jg. 31, (1972), S. 290-311.

GND-Identifier: 100387705
Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Anna Marie Pfäfflin, Gottlob Heinrich Rapp (1761-1832), publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
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