Das Schloss Hohenheim wurde von Herzog Karl Eugen von Württemberg und Franziska von Hohenheim ab 1785 in Auftrag gegeben. Im Jahre 1818 zog das neugegründete Landwirtschaftliche Institut ein. Fortan fanden die Agrar- und Forstwissenschaften, später auch die Natur-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ihren Standort im und rund um das Schloss. Heute ist die Universität Hohenheim in diversen Wissenschaftsgebieten führend, ihr Campus-Charakter inmitten von wissenschaftlichen Gärten macht sie einzigartig.

Hohenheim liegt südlich von Stuttgart auf einem fruchtbaren Höhenrücken zwischen dem Ramsbach- und dem Körschtal, eingerahmt von den alten Ortschaften Plieningen und Birkach. Die erste schriftliche Nachricht vom Gut Hohenheim haben wir aus dem Schenkungsbuch des Klosters Hirsau um 1100. Später sind als Besitzer die Bombaste von Hohenheim erwähnt. Ein Spross dieser Bombaste war der Naturforscher, Arzt und Theologe Theophrast von Hohenheim, genannt Paracelsus. Vom 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts gehörte Hohenheim zum Katharinenspital in Esslingen; erst 1567 wurde es württembergisch. Nachdem Hohenheim im 30-jährigen Krieg fast gänzlich zerstört worden war, erwarb der Augsburger Patrizier und kaiserliche Beamte Emanuel Garb im Jahr 1676 das Gut. Er erbaute auf dem unregelmäßigen Grundriss der ehemaligen mittelalterlichen Burg ein frühbarockes Wasserschloss.

Im Jahr 1769 fiel Hohenheim an Herzog Karl Eugen von Württemberg. Drei Jahre später erhielt Franziska von Bernerdin, seine Favoritin, das Schlösschen mit Gut vom Herzog als Geschenk. 1774 wurde Franziska Reichsgräfin von Hohenheim. In Hohenheim bewohnten sie und Karl Eugen das kleine Garb'sche Schlösschen. Schon bald ließen sie ein Wohngebäude, das Gebäude der heutigen Speisemeisterei sowie ein Wirtschaftsgebäude errichten. Karl Eugen betrieb im Hohenheimer Gebiet, auf dem Karlshof und in Klein-Hohenheim, ein landwirtschaftliches Gut. Dies wurde einer der wenigen herzoglichen Betriebe, die rentabel arbeiteten. Ab dem Jahr 1776 war Hohenheim Karl Eugens Sommerresidenz. In den folgenden Jahren entstand dort auch der sogenannte Englische Garten, ein bald in ganz Europa beachtetes Gartenkunstbauwerk.

Außerdem wandelte sich in dieser Zeit der Lebens- und Regierungsstil des Herzogs. Oft wurde sein neues Leben als zurückgezogener Landedelmann in Hohenheim auf den Einfluss Franziskas zurückgeführt. Grund für den Wandel waren aber eher die veränderten politischen Verhältnisse in Württemberg kurz vor der französischen Revolution.

Nach 15 Jahren des Zusammenlebens entschloss sich das Paar, seine Beziehung zu legitimieren. Karl Eugen beabsichtigte, Franziska damit vor den zahlreichen Anfeindungen am Hof und aus der herzoglichen Familie zu schützen. 1785, im Jahr ihrer Eheschließung wurde in Hohenheim der Grundstein zu einem neuen, großen Residenzschloss gelegt. Karl Eugen und Franziska überwachten die Bauarbeiten nahezu täglich.

Das alte Garb'sche Schlösschen wurde abgerissen und an dessen Stelle das heutige Schloss Hohenheim mit den wuchtigen Eckrisaliten und dem großen Balkon erbaut. Nach dem Vorbild von Versailles sollte ein Residenzschloss entstehen, dessen Raumachsen auf das Zentrum, den Sitz des absoluten Herrschers, bezogen waren, um so die dominierende Rolle des Fürsten zu versinnbildlichen, der wie eine Sonne ins ganze Land ausstrahlte. Dies wird besonders an der repräsentativen Planie vor dem Schloss deutlich. Weitgehend ohne Bepflanzung diente die Fläche vor dem Schloss der Strahl- und Fernwirkung der Achsen. Erst ab 1829 veränderte die Anlage eines Botanischen Gartens das Bild auf der Schloss-Südseite. Noch stärker verlor die barocke Fernwirkung des Schlosses und seiner Achsen durch die Anlage eines Baumgürtels. Dieser diente zur Ausbildung der Forstleute, die von 1820 bis 1881 in Hohenheim studierten. Dennoch kann man auch heute das Achsensystem noch sehr klar an der Wegeführung rund um das Schloss erkennen.

Das neue Schloss wurde ein veritables Residenzschloss mit 75 Räumen und einer gewaltigen Breitenausdehnung von 570 Metern. Sein Bau zog sich mehrere Jahre hin. Nach acht Jahren waren der Rohbau und der Innenausbau im östlichen Teil fertig. Allerdings fehlten im westlichen Teil meistens noch der Wandschmuck, die Böden, Öfen und Fenster.

Bei diesem Stand starb Herzog Karl Eugen im Oktober 1793 in der provisorischen Wohnung des Paares im Mansardengeschoss des heutigen Speisemeistereiflügels. Die herzogliche Familie vertrieb Franziska, den in ihren Augen illegitimen Emporkömmling, aus Hohenheim und Stuttgart. Sie musste fern des Hofes zurückgezogen auf ihrem Eigengut in Sindlingen und auf ihrem Witwensitz in Kirchheim/Teck leben. Dort starb Franziska 1811, 18 Jahre nach ihrem „Carl Herzig“.

Der Ausbau des Hohenheimer Schlosses wurde nach dem Tod Karl Eugens weitgehend eingestellt, später wurde es sogar zur Ausstattung des Neuen Schlosses in Stuttgart geplündert. 20 Jahre lang stand das Schloss als unvollendete Baustelle leer und es wurde sogar ein Abriss in Erwägung gezogen.

In den Jahren 1816 und 1817 kam es in Württemberg infolge von zwei verheerenden Missernten zu Hunger, Armut und Verbitterung. Diese Situation war für das eben erst auf den württembergischen Thron gelangte junge Königspaar Wilhelm I. und Katharina Pawlowna politisch gefährlich. Rasche Gegenmaßnahmen waren geboten. Königin Katharina kümmerte sich um die Soforthilfe, die Wohlfahrtspflege. Um eine kontinuierliche und ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu gewährleisten, waren jedoch tiefer greifende wirtschaftliche Reformen nötig. Mit diesen beschäftigte sich König Wilhelm. Zunächst gründete er einen Landwirtschaftlichen Verein mit der Zentralstelle in Stuttgart und dazu am 20. November 1818 im verwaisten Schloss Hohenheim ein Landwirtschaftliches Institut. Damit legte er den Grundstein für die heutige Universität Hohenheim.

Im Hohenheimer Landwirtschaftlichen Institut, der Land- und Forstwirtschaftlichen Akademie (ab 1847) und der Landwirtschaftlichen Hochschule (ab 1904) wurde fortan neben der höheren Ausbildung von Landwirten intensiv die Erforschung und Erprobung der für Württemberg geeigneten Ackergeräte, Bodenbearbeitungstechniken, des Pflanzenbaus und der Tierzucht vorangetrieben. Von 1820 bis 1881 hatte auch die höhere forstliche Ausbildung Württembergs ihren Sitz in Hohenheim. Neben dem Institut gab es zudem eine Ackerbauschule und eine Gartenbauschule, gewissermaßen landwirtschaftliche Berufsschulen für Ackerknechte und Gärtner.

Die Zahl der Professoren und Studierenden war im 19. Jahrhundert noch überschaubar: knapp zehn Professoren unterrichteten im Durchschnitt 100 Studierende. Im Schlossmittelbau und rund um den mittleren und westlichen Hof fanden Vorlesungsräume, Labore, Bibliotheken und auch Wohnungen für Professoren und Studenten Platz. Den östlichen Hof nutzten die zum Institut gehörigen Einrichtungen der Gutswirtschaft und die Ackerbauschule. Im südlichen Flügel des Osthofs waren die Fachgebiete Chemie und die landwirtschaftliche Technologie mit größeren Werkstätten und Laboren untergebracht. Diese Nutzung des Schlosses blieb für über hundert Jahre weitgehend unverändert. Allerdings wandelten sich die Schwerpunkte in Forschung und Lehre Ende des 19. Jahrhunderts. Die exakten Naturwissenschaften traten neben die bis dahin eher erfahrungswissenschaftlich betriebenen Landwirtschaftswissenschaften, und die Agrarökonomie gewann zunehmend an Bedeutung.

Am 1. April 1942 wurde Hohenheim, zusammen mit den Nachbargemeinden Plieningen und Birkach nach Stuttgart eingemeindet. Damit wurde die seit längerem bestehende räumliche Orientierung Hohenheims nach Stuttgart auch politisch vollzogen.

Ab Ende der 1950er Jahre wurde der Schlossbereich baulich neu gestaltet. Zwischen 1957 und 1967 riss man die Gebäude rund um den westlichen Hof ab und baute sie zwar in alter Gestalt, jedoch mit moderner Bausubstanz neu auf. Ebenso wurde zwischen 1969 und 1970 mit den Flügeln im Osthof und einem Flügel im Mittelhof verfahren. Schließlich begann im Jahr 1967 die Renovierung des Schloss-Mittelbaus. Sie dauerte bis 1986. Die historische Speisemeisterei wurde sogar erst 1993 fertiggestellt. Durch diese Renovierung bleibt der historische Bestand des in vielerlei Hinsicht einmaligen Schlosses dauerhaft erhalten und wird zugleich den Ansprüchen eines modernen Universitätsbetriebes gerecht.

Die heutige Universität (seit 1967) hat drei Fakultäten, die agrarwissenschaftliche, die naturwissenschaftliche und die wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Fakultät. Aufgrund ihrer Fächerkombination und ihrer speziellen Ausrichtung ist die Universität Hohenheim in Agrarforschung und Food Sciences führend in Deutschland, stark und einzigartig in Natur-, Wirtschafts-, Sozial-, und Kommunikationswissenschaften. Diese Kombination ermöglicht es, auf viele globale Herausforderungen an einem Standort wissenschaftlich einzugehen. Die Studierendenzahl liegt derzeit (Stand 2017) bei knapp 10.000 – damit ist die Universität Hohenheim eine der kleineren Universitäten des Landes.

Freilich ist das Schloss Hohenheim inzwischen nur noch die Keimzelle der Universität. Rund um das Schloss gruppieren sich Institutsgebäude zu einem abgerundeten Campus inmitten von wissenschaftlichen Gärten.

Die Universität Hohenheim ist ein bedeutender Wissenschaftsstandort, Innovationsimpulsgeber und zugleich ein wichtiger Arbeitgeber im Süden Stuttgarts. Das Schloss Hohenheim, obwohl nun Sitz der Universitätsleitung sowie von einigen Instituten, ist ein beliebtes Ausflugsziel für die Einwohner Stuttgarts und der Umgebung, vor allem, weil ein Besuch mit einem Spaziergang durch die einmaligen Gärten rund um das Schloss verbunden werden kann.

Text: Ulrich Fellmeth
Schlagworte: Stuttgart-Plieningen, Wissenschaftsfestival
Quellenhinweise:

 

 

Literaturhinweise:

Ulrich Fellmeth, Geschichte der Universität Hohenheim. Museum zur Geschichte Hohenheims im Spielhaus, Stuttgart 1994.
Ulrich Fellmeth/Adolf Martin Steiner/Frank Emmerich, Hohenheim – Sehenswertes für Besucher, Hohenheim 2011.
Günther Franz, Universität Hohenheim 1818-1968, Stuttgart 1968.
Günther Franz, Hohenheim – Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1979.
Elisabeth Nau, Schloss Hohenheim, eine Charakteristik des ausgehenden 18. Jahrhunderts in Württemberg, Diss., München 1944.
Elisabeth Nau, Hohenheim, Schloss und Gärten, Sigmaringen 1978.
Hans Schumann, Hohenheim – Bilder und Gestalten, Stuttgart 1981.
Adolf Martin Steiner/Ulrich Fellmeth/Matthias Frisch, Hohenheimer Gärten – Geschichte und Kunst, Hohenheim 2008.

GND-Identifier: 4131052-4
Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Ulrich Fellmeth, Schloss Hohenheim, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/d6be6768-acf4-4486-88c4-133a21e06f32/Schloss_Hohenheim.html