Im Sommer 1928 wurden in Stuttgart eine große Kolonialausstellung und eine Kolonialtagung veranstaltet, die die Forderung nach deutschem Kolonialbesitz vertraten. In diesem Rahmen fand am 3. Juni 1928 im Innenhof des Neuen Schlosses eine öffentliche Kundgebung statt, bei der eine Südsee-Gedenktafel enthüllt wurde. Es handelt sich um einen vom Hüttenwerk Wasseralfingen hergestellten Eisenkunstguss. Die Inschrift lautet: „1885 1918 – Zur Erinnerung an alle die in der Südsee für Ehre und Ruhm des deutschen Vaterlandes ihr Leben liessen. Den Toten zum Gedächtnis – Den Lebenden zur Mahnung“. Auf der Tafel sind als weitere gestalterische Mittel Palmen, Südsee-Hütten und zwei rituelle Malanggan-Schnitzereien aus Neuguinea zu sehen. Solche Schnitzereien hatten eine große Bedeutung für die gleichnamigen Zeremonien und wurden eigentlich an deren Ende verbrannt. Mit der visuellen Thematisierung der Südsee hebt sie sich von der Masse der Kolonialdenkmäler ab. Diese erinnern meistens an die Deutschen, die in Deutsch-Südwestafrika während des deutsch-namibischen Kriegs (1904-1907) oder im sogenannten „Boxerkrieg“ in China (1900/01) gestorben waren. Andere Denkmäler bezogen sich auf einzelne Personen der Kolonialgeschichte oder aber ganz allgemein auf die Kolonien. Allerdings entwickelte sich auch die Südsee-Gedenktafel neben ihrem spezifischen Inhalt zu einem allgemeinen kolonialen Erinnerungsort.
An der Kundgebung im Neuen Schloss nahmen Prominente aus Kolonialpolitik, Staat, Militär und Polizei teil, darunter der frühere Reichskolonialminister Johannes Bell (1868-1949), Vorsitzender des internationalen Ausschusses für Kolonialfragen im Reichstag, der württembergische Staatspräsident Wilhelm Bazille (1874-1934), der Stuttgarter Oberbürgermeister Karl Lautenschlager (1868-1952) und der ehemalige Gouverneur von Deutsch-Neuguinea, Eduard Haber (1866-1947). Der Stuttgarter Polizeipräsident Rudolf Klaiber (1873-1957) übernahm die Tafel bei der Kundgebung in die Obhut der württembergischen Schutzpolizei. Klaiber bezeichnete die mit der Tafel geehrten Südsee-Deutschen als ein Vorbild „treuester Pflichterfüllung“.
Noch am selben Tage wurde die Tafel bei einer zweiten Feier an oder in der Moltke-Kaserne angebracht. Dort war eine aktive Kompanie der Bereitschaftspolizei untergebracht, die bereits 1926 im Auftrage des damaligen „Volksstaates Württemberg“ die „Traditionswahrung“ der Polizei-Einheiten der ehemaligen deutschen Südsee-Kolonien übernommen hatte. Dies ging unter anderem auf die Initiative des Majors a.D. Karl (Charles) von Klewitz (1881-1945) zurück. Der Oberschlesier hatte als Offizier sowohl dem württembergischen Militär und der „Schutztruppe“ in Deutsch-Südwestafrika angehört als auch ab 1914 die Polizei von Deutsch-Neuguinea befehligt. Der Erfolg seiner Initiative beruhte teilweise darauf, dass sich im Führungspersonal der württembergischen höheren Polizeiverwaltung und unter den höheren Polizeioffizieren einige befanden, die selbst koloniale Biografien hatten. Sowohl Klewitz und Polizeipräsident Klaiber als auch der Führer der Traditionskompanie, Polizeihauptmann Heinrich Eberbach (1895-1992), gehörten dem Denkmalausschuss an, der zu Spenden für die Errichtung der Südsee-Gedenktafel aufgerufen und diese dann auch realisiert hatte.
Die „Traditionswahrung“ beinhaltete, dass in der Moltke-Kaserne ein „Kolonialheim“ mit Südsee-Bildern, Trophäen, ethnografischen Objekten und einer Bibliothek eingerichtet wurde. Die Polizei wurde im rein kolonialistischen Sinn geschult, wozu mitunter externe Referenten eingeladen wurden. Bei Festen wurden entsprechende Theaterstücke aufgeführt. Die Kompanie übernahm aber nicht nur eine Rolle innerhalb der württembergischen Polizei, sondern auch als Multiplikator in Richtung der ganzen Gesellschaft. Sie trat dem Stuttgarter Kolonialkriegerverein und der Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft bei und wurde zu einer treibenden Kraft der alternden württembergischen kolonialrevisionistischen Bewegung, der sie mit ihren Polizisten, deren Angehörigen und Bekannten jüngere Mitglieder verschaffte. Im Kolonialheim der Polizei traf sich zum Beispiel die erst 1928 gegründete Koloniale Jugendgruppe Stuttgart und in der kolonialen Jugendzeitschrift „Jambo“ wurde ein Foto der Südsee-Gedenktafel abgedruckt. Während der NS-Zeit wurden die kolonialen Aktivitäten der Polizei fortgeführt und gesteigert. Sie betätigte sich im „gleichgeschalteten“ Reichskolonialbund, in dem sie sogar eine eigenen Ortsverband „Stuttgart-Polizei“ bildete. 1939 wurde der Stuttgarter Polizeipräsident, Generalmajor der Ordnungspolizei Karl Schweinle (1885-1954), in den „Kolonialen Beirat“ des Gauverbandes Württemberg-Hohenzollern des Reichskolonialbundes berufen. Angehörige der württembergischen Polizei nahmen darüber hinaus auch an praktischen Ausbildungslehrgängen für einen zukünftigen Kolonialdienst an den Kolonialpolizeischulen in Oranienburg und Wien teil.
Solche Aktivitäten wurden mit der Entwicklung des Weltkrieges 1943 eingestellt. Die Tafel blieb jedoch an oder in der Kaserne, bis diese 1967 nach längerem Leerstand abgerissen wurde. Der Standortälteste der Bundeswehr, Oberstleutnant Kroll, veranlasste die Bergung und Wiederherrichtung der Tafel und ließ sie am Gebäude der Standortkommandantur in der Rommelstraße 4 in Stuttgart-Bad Cannstatt anbringen. Hier wurde im Ensemble mit weiteren Gedenktafeln auch dem Deutschen Afrikakorps im Zweiten Weltkrieg gehuldigt. Bei der Einweihung der Südsee-Gedenktafel am 8. Oktober 1967 zogen Doppelposten der Bundeswehr auf. An der Zeremonie nahmen auch Mitglieder des „Traditionsverbandes der ehemaliger Schutz- und Überseetruppen“ mit Kolonialfahnen teil. Ein Mitglied, das auch schon an der ersten Einweihung der Tafel teilgenommen hatte, erinnerte daran, dass damals Polizeibeamte alte Südwestafrika-Reiterlieder in der Moltke-Kaserne gesungen hätten. Die gemeinsame „Traditionspflege“ mit Angehörigen des ehemaligen Afrikakorps sorgte wiederum für eine Verjüngung, da die ehemaligen Kolonialdeutschen immer älter und weniger wurden.
Der neue Erinnerungsort der Bundeswehr bestand für einige Jahrzehnte und wurde insbesondere am Volkstrauertag genutzt. Im November 2000 ließen zum Beispiel der Verteidigungsminister, die Marinekameradschaft Stuttgart und der „Traditionsverband“ je einen Kranz bei den Tafeln aufhängen. Die Marinekameradschaft stellte zwei bewaffnete „Ehrenposten“ und der Vorsitzende der Kreiskameradschaft Stuttgart des Verbandes Afrikakorps hielt eine Rede. Nachdem die Bundeswehr das Gebäude in der Rommelstraße aufgab, wurde die Südsee-Gedenktafel 2019 in das Garnisonmuseum Ludwigsburg verbracht, instandgesetzt und ist dort seitdem ausgestellt.