Ernst Elsenhans gehört zu den wichtigsten Protagonisten der Revolution von 1848/49. Als Journalist und Frühsozialist wurde er ein Opfer der preußischen politischen Willkürjustiz.

Auch wenn Ernst Elsenhans als badischer Revolutionär bekannt geworden ist, verbrachte er die ersten 25 Jahre seines Lebens im Großraum Stuttgart. Bis zu seinem Tod blieb er württembergischer Staatsbürger. Geboren wurde er am 26. September 1815 als Sohn des Schuhmachermeisters Johannes Elsenhans in der damals noch selbstständigen Gemeinde Feuerbach. Ein Jahr vor Ernsts Geburt war sein Vater zum Schultheißen bestellt worden, ein Amt, das er mit großem Geschick und sozialem Engagement bis zu seinem Tod 1841 ausübte. Im Wohnhaus der Familie Elsenhans in Feuerbach, das im Zweiten Weltkrieg durch einen Bombentreffer völlig zerstört und nicht wiederaufgebaut wurde, soll auch der württembergische Dichter und spätere Abgeordnete der Frankfurter Paulskirche, Ludwig Uhland (1787-1862), gelegentlich zu Gast gewesen sein, was für die fortschrittliche Gesinnung des Elternhauses spräche. Ernsts Mutter starb bereits dreieinhalb Jahre nach seiner Geburt. Der Vater heiratete ein zweites Mal. Insgesamt hatte Johannes Elsenhans aus den beiden Ehen dreizehn Kinder. Trotzdem kümmerte er sich intensiv um die Ausbildung seiner Söhne.

Ernst besuchte zunächst das Gymnasium, wobei es sich eigentlich nur um das Gymnasium Illustre, das heutige Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, in Stuttgart gehandelt haben kann, in dessen Archiv sich jedoch kein entsprechender Nachweis finden lässt; ein Brand im 19. Jahrhundert und Kriegsverluste dürften die Ursache dafür sein. Das angestrebte Theologiestudium konnte der Vater nicht finanzieren. Da schon sein älterer Bruder Johann Michael Elsenhans (1803-1882) mithilfe eines Stipendiums Theologie hatte studieren können und diese Förderung nur für einen Sohn einer Familie vorgesehen war, blieb Ernst Elsenhans dieser Weg verschlossen. Er besuchte stattdessen das Evangelische Lehrerseminar in Esslingen, an dem Religionslehrer ausgebildet wurden, das er jedoch 1831 verlassen musste, nachdem er des Diebstahls bezichtigt worden war.

Elsenhans erlernte anschließend die Chirurgie – vermutlich in Tübingen, auch wenn sich laut Auskunft des dortigen Universitätsarchivs kein Studium von ihm an der Eberhard-Karls-Universität nachweisen lässt – und diente von 1834 bis 1840 (ab 1835 als Unterarzt, also eine Art Sanitäter) im 4. Württembergischen Infanterieregiment in Stuttgart.

Sein Versuch, ab Herbst 1840 in Tübingen Philosophie zu studieren, scheiterte erneut an der Finanzierung. Der 25-Jährige begab sich daraufhin in die Schweiz, wo er als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen tätig war. Außerdem verdingte er sich als Hauslehrer in englischen und französischen Familien. Wo und wie er seine für die damalige Zeit herausragenden Englischkenntnisse erwarb, ist nicht bekannt. Sie ermöglichten ihm jedenfalls, später auch als Übersetzer zu arbeiten; zu seinen Übersetzungen zählte etwa der historische Roman „Anna von Geierstein oder die Tochter des Nebels“ (1846) des seinerzeit populären schottischen Schriftstellers Sir Walter Scott.

Über eine Zwischenstation bei seinem älteren Bruder Johann Michael, der als Pfarrer in Klosterreichenbach tätig war, ließ sich Elsenhans 1842 in Mannheim nieder. In der Quadratestadt war er als Lehrer an der englischen Privatschule des Briten Henry Hill Lovell (1811-1869) tätig und arbeitete als Journalist, u. a. für die „Mannheimer Abendzeitung“, die wichtigste vormärzliche und revolutionäre Zeitung in Mannheim. Im Herbst 1847 meldete er sich nach Heidelberg ab, um dort die Redaktion der ab 1. April 1848 erschienenen Zeitung „Die Republik“ zu übernehmen. Für zwei seiner dort abgedruckten Artikel erhielt Elsenhans vom Oberhofgericht in Mannheim eine Anklage wegen „Aufrufs zur Widersetzlichkeit und Anstiftung zum Hochverrat“. Das Urteil vom 5. Oktober 1848 lautete auf eine Haftstrafe von acht Monaten, die er im Gefängnis Schloss Kislau (heute zu Bad Schönborn gehörend) absaß. Wenige Wochen vor Verbüßung seiner Strafe wurde Elsenhans am 14. Mai 1849 von Revolutionären aus Bruchsal aus der Haft befreit. Die nächsten acht Wochen erlebte er aus nächster Nähe die Endphase der badischen Revolution und bezahlte nach ihrer endgültigen Niederlage – anders als so viele führende Revolutionäre – mit seinem Leben dafür.

Aus Dankbarkeit für die wiedergewonnene Freiheit hatte sich Elsenhans einige Tage nach seiner Befreiung bei der badischen Revolutionsregierung in Karlsruhe gemeldet und wurde ab 21. Mai 1849 als Sekretär im Kriegsministerium beschäftigt. Am 25. Juni setzte sich die provisorische Regierung vor den heranrückenden preußischen Truppen nach Süden ab, darunter der Kriegsminister Maximilian Werner (1815-1875) und in seinem Gefolge auch Elsenhans, der in der Festung Rastatt blieb, während Werner von dort weiter Richtung Schweiz zog.

Da Elsenhans nun ohne spezifische Aufgabe war, kam er auf die Idee, unter dem Namen „Der Festungs-Bote“ eine eigene Zeitung für die Festung Rastatt ins Leben zu rufen. Vom 7. bis zum 22. Juli 1849 erschien das von ihm herausgegebene Blatt in insgesamt vierzehn Ausgaben. Es handelte sich bei dem „Festungs-Boten“ um eine reguläre Zeitung, die Leitartikel, Ankündigungen, Leserbriefe, Inserate, Gedichte, aber auch Aufrufe zum Durchhalten enthielt. Bemerkenswert sind zwei Artikel („Was ist und was will die soziale Demokratie?“, Nr. 10 vom 18. Juli 1949, und „Nutzen und Nothwendigkeit der Kriege“, Nr. 14 vom 22. Juli 1849), in denen Elsenhans sein frühsozialistisches Gesellschaftsmodell entwickelt und sich für die Errichtung eines Weltstaatensystems ausspricht.

Der „Festungs-Bote“ sollte die Moral der eingeschlossenen Besatzer stärken helfen, deren Hoffnungen auf einen Entsatz durch revolutionäre Truppen oder gar durch einen Volksaufstand von Tag zu Tag schwanden. Diejenigen Rastatter Revolutionäre, die den Widerstand aufrechterhalten wollten, fanden sich in dem von Elsenhans am 13. Juli 1849 mitbegründeten „Club des entschiedensten Fortschritts“ zusammen. Als Grundsätze des Vereins hatte Elsenhans in der Gründungsversammlung formuliert: „[…] das Festhalten an der sozialen Demokratie, sodann an den Interessen des Humanismus, des weitern und engern Vaterlandes in politischer Beziehung und an der Lage der Festung insbesondere.“ Manche Kritiker wollten und wollen diesen im Grunde harmlosen republikanischen Verein zu einer Art schlummernden Wohlfahrtsausschuss umdeuten, der während der Französischen Revolution nach 1789 ein blutiges Terrorregime entfaltet hatte. In Wirklichkeit war das einzige Ziel, auf das man bis fast zuletzt setzte, eine ehrenvolle Übergabe der Festung Rastatt. Die Gegner von Elsenhans hoben einen Artikel aus dem „Festungs-Boten“ vom 21. Juli 1849 hervor, der sich mit dem richtigen Umgang mit Spitzeln und Verrätern aus den eigenen Reihen auseinandersetzt, denen mit „Terrorismus“ gedroht wird. Entscheidend ist: Zwei Tage nach diesem letzten verzweifelten Appell zum Durchhalten ergab sich die Festung Rastatt am 23. Juli den preußischen Belagerern auf Gnade und Ungnade, ohne dass bei der Kapitulation auch nur ein einziger Schuss gefallen wäre.

Die Revolutionäre wurden in den Kasematten von Rastatt unter demütigenden und menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Vermutlich rechnete Elsenhans nicht mit einer schweren Strafe, sondern ging von einem ähnlichen Urteil wie 1847 in Mannheim aus. Wegen Hochverrats wurde er vor einem Standgericht angeklagt, das sich nur aus preußischen Soldaten zusammensetzte. Erst am Abend des 5. August wurde ihm ein Rechtsbeistand aus Karlsruhe zur Seite gestellt, der sich so kurzfristig auf den Prozess, der am Morgen des 6. August im Ahnensaal des Rastatter Schlosses begann, natürlich nicht vorbereiten konnte. Das Todesurteil, das nach wenigen Stunden verkündet wurde und das Elsenhans in typisch preußisch-deutscher Manier nicht nur zum Tod durch Erschießen, sondern auch noch zur „Erstattung der Untersuchungskosten“ verurteilte, stand von vornherein fest. Das Argument, dass nur Preßvergehen gegen den Angeklagten vorlägen, ließ das Gericht nicht gelten.

Das Todesurteil wurde bereits in der Nacht nach dem Urteil vollstreckt. Elsenhans war der erste von 19 in Rastatt zum Tode Verurteilten, der hingerichtet wurde; er war unter seinen Leidensgenossen der einzige Zivilist, er war der einzige, durch den kein anderer Mensch zu Schaden gekommen war. Nach drei Uhr in der Nacht zum 7. August wurde Elsenhans zur Hinrichtungsstätte gefahren. Dort verschenkte er seine Brille und band sich ein schwarzes Tuch vor die Augen. Kolportiert ist ein letzter Satz von ihm: „Es ist hart, nur für den Ausdruck seiner Überzeugung in den Tod zu müssen!“ Von den zwölf Schützen des Exekutionskommandos zielten acht auf den Körper und vier auf den Kopf. Insgesamt acht Kugeln trafen Elsenhans, der trotzdem noch am Leben war. Erst durch Bajonettstiche wurde er endgültig getötet. Auf Befehl des preußischen Festungskommandanten von Weltzien, der 1852 zum Ehrenbürger von Rastatt ernannt werden sollte, mussten die Totengräber den Leichnam nackt ausziehen und ohne Sarg in eine ausgehobene Grube werfen.

Zahlreiche Zeitgenossen waren Mitte des 19. Jahrhunderts entsetzt über die Ermordung von Elsenhans und konnten sich diese nicht erklären. Eine plausible Deutung geht dahin, dass sein sozialistisches Gesellschaftsmodell der preußischen Obrigkeit ein besonderer Dorn im Auge war. Elsenhans‘ Tod ist damit ein Symbol dafür, dass das geschriebene Wort von Unterdrückern immer als die schärfste und gefährlichste Waffe angesehen wird.

Trotz einiger Ehrungen hat Elsenhans bis heute keinen angemessenen Platz in der deutschen Erinnerungskultur gefunden; die geplante Benennung einer Schule in Rastatt zerschlug sich 1995 aufgrund einer kleinlichen parteipolitischen Kontroverse im Stadtparlament. Der Schriftsteller Stefan Heym (1913-2001) hat sich in seinem 1965 erschienenen und 1986 aufwendig verfilmten Roman über die badische Revolution „Lenz oder die Freiheit“ leider dazu entschieden, seine Hauptfigur als eine Mischung aus Elsenhans und dem späteren Innenminister der USA Carl Schurz (1829-1906) anzulegen und ihr den Namen „Lenz“ zu geben. Eine Roman- und Filmfigur namens Elsenhans hätte sicher einen Popularitätsschub ausgelöst. In Stuttgart gibt es bis heute keinen spezifischen Erinnerungsort für Ernst Elsenhans; die Elsenhans-Straße in Feuerbach erinnert an die Familie als Ganzes.

Text: Bernd Braun
Schlagworte: Rumpfparlament, Stuttgart-Feuerbach
Quellenhinweise:

Der Festungs-Bote, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/structure/7103316 [zuletzt aufgerufen am 22.05.2024].

Literaturhinweise:

Heinz Bischof, Ernst Elsenhans – Literat und Revolutionär 1815-1849. Ein Beitrag zur „unvollendeten deutschen Revolution“ vor 130 Jahren, in: Badische Heimat 59 (1979), Heft 2, S. 157-178.
Bernd Braun, Eine Rose für einen Revolutionär. Zum 200. Geburtstag von Ernst Elsenhans, in: Jahrbuch der Hambach-Gesellschaft 23 (2016), S. 189–209.
Felix Burckhardt, Ernst Elsenhans, in: Schwäbische Lebensbilder, Bd. 6 (1956), S. 350-366.
Ernst Elsenhans (1815-1849). Ein schwäbischer Revolutionär in Rastatt, Rastatt 1995.
Peter Hank, Rastatt und die Revolution 1848/49, 2 Bde., Rastatt 1999/2001.
Stefan Heym, Lenz oder die Freiheit. Ein Roman um Deutschland, 1. Aufl. München 1965.

GND-Identifier: 119442345
Publiziert am: 29.05.2024
Empfohlene Zitierweise:
Bernd Braun, Ernst Elsenhans (1815-1849), publiziert am 29.05.2024 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/b7f0090e-f8fc-480e-9a85-599a777c24df/Ernst_Elsenhans_%281815-1849%29.html