Die Oswaldkirche ist das älteste Gebäude im Stadtbezirk Weilimdorf. Seit der Reformation ist sie als evangelische Kirche in Gebrauch. Zusammen mit dem Alten Rathaus, dem Alten Schulhaus und dem Alten Pfarrhaus bildet sie den historischen Mittelpunkt des bis 1929 selbstständigen Dorfes.

Die Oswaldkirche ist das älteste Gebäude im Stadtbezirk Weilimdorf. Ihre äußere Gestalt geht auf die Erweiterung einer früheren romanischen Kirche im Jahre 1472 zurück. In ihrem Innern weist sie eine Reihe von sehenswerten Kunstwerken auf, die Stil und Frömmigkeit in den Jahrhunderten seit dem Mittelalter widerspiegeln: Drei Rötelzeichnungen in den Nischen der Chorfenster, die Szenen der Passion Christi zeigen, stammen vermutlich aus dem frühen 14. Jahrhundert. Der Schlussstein des spätgotischen Sternrippengewölbes trägt das Bild des 642 gestorbenen heiligen Oswald. Die Verehrung des Königs von Northumbrien als Heiliger wurde in Süddeutschland besonders von den Welfen gefördert. Dass die Kirche in Weilimdorf wie auch die des benachbarten Hirschlanden ihm geweiht wurde, hängt wohl damit zusammen, dass sich die Welfen im ausgehenden 12. Jahrhundert genötigt sahen, ihren Einfluss im Glemsgau gegenüber den Staufern zu verteidigen. Der Kruzifixus über dem Altar ist das spätgotische Werk eines unbekannten Meisters. Um 1500 entstand das Sandstein-Relief „Beweinung Christi“ in der Werkstatt des Heilbronner Bildhauers Hans Seyffer oder eines seiner Schüler. Johann Sebastian König und sein Geselle Wolfgang Buchenau schufen 1678 einen Zyklus von 27 Bildern zu Szenen des Alten und Neuen Testaments, der heute an der Brüstung der Empore angebracht ist. Noch ganz im Stil des ausgehenden Barock gehalten ist der Grabstein für den 1774 gestorbenen Herzoglichen Rat Carl Friderich Schickart (gest. 1774). In den Jahren 1761/62 baute der Tübinger Orgelbaumeister Johann Sigmund Haußdörffer die Orgel mit einem reich verzierten Prospekt. Sie wurde seitdem mehrmals erweitert, zuletzt durch die Firma Mühleisen im Jahr 2006, und besitzt heute 24 Register. Walther Kohler schuf 1935 ein dreiteiliges farbiges Chorfenster, das die Geburt Christi sowie Kreuzigung und Auferstehung zeigt. Im Krieg zerstört, wurde das Fenster danach von seinem Sohn Wolf-Dieter Kohler wieder neu gefertigt. Werner Bosdorf gestaltete 1964 den Taufstein und Elmar Lindner 1972 das Tauf- oder Pfingstfenster.

Das Patronatsrecht lag seit 1243 beim Chorherrenstift zum Heiligen Martin in Sindelfingen, dem die Kirche sowie mehrere Güter am 11. Dezember von Bischof Heinrich von Konstanz geschenkt worden waren. Zugleich markiert die bischöfliche Schenkungsurkunde die erste urkundliche Erwähnung Weilimdorfs. 1477 ging das Patronatsrecht an den Senat der Universität Tübingen über. Seit der Reformation ist die Oswaldkirche als evangelische Kirche in Gebrauch. Sie ist die Mutterkirche aller evangelischen Kirchen des Stadtbezirks. Zusammen mit dem Alten Rathaus (erbaut 1605), dem Alten Schulhaus (erbaut 1765) und dem Alten Pfarrhaus (erbaut 1559) bildet sie den historischen Mittelpunkt des noch bis 1929 selbstständigen Dorfes.


Text: Eberhard Christof Grötzinger
Schlagwort: Stuttgart-Weilimdorf
Literaturhinweise:

Reinhard Heinz, 750 Jahre Weilimdorf. Geschichte und Geschichten zum Jubiläum 1993, Stuttgart 1993.
Wilhelm Ostertag, Chronik von Weil im Dorf, Stuttgart 1926.
Heinrich Schmidt, Weilimdorfer Bilder und Geschichten, Stuttgart 1969.
Gerhard Weiß, Die Oswaldkirche. Damals bis heute, Kurzführer, neue Fassung, hg. von der Evangelischen Oswald-Wolfbusch-Kirchengemeinde Stuttgart-Weilimdorf, Stuttgart 2016.

GND-Identifier: 7661087-1
Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard Christof Grötzinger, Oswaldkirche, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/a8814c8f-1aab-4849-99b0-ab73b964a6f0/Oswaldkirche.html