Der Konstrukteur Ferdinand Porsche stieg mit seinen Kraftfahrzeugentwicklungen, darunter der in Stuttgart entworfene Volkswagen und die Silberpfeil-Rennwagen, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer von Mythen umrankten Lichtgestalt der internationalen Automobilwirtschaft auf.

Am 3. September 1875 in der böhmischen Provinz in Maffersdorf (heute: Vratislavice nad Nisou) in die Familie eines Spenglermeisters hineingeboren, entwickelte Ferdinand Porsche sein technisches Vermögen als Selfmademan in der technikaffinen Welt der Donaumonarchie. Sein höchster formeller Bildungsabschluss war der Abschluss einer Spenglerlehre, doch technisch vielseitig interessiert und innovativ, konstruierte Ferdinand Porsche 1899/1900 bei der in den Automobilbau drängenden Kutschenfabrik Jacob Lohner & Co. in Wien ein erstes Elektro-Auto. Auch sein 1901 vorgestelltes Hybrid-Fahrzeug mit benzin-elektrischem Antrieb faszinierte technisch Interessierte, brachte dem Unternehmen Lohner aber kein Geld ein.

1906 wechselte Porsche als Entwicklungsleiter zur Oesterreichischen Daimler-Motoren-Gesellschaft (Austro-Daimler) nach Wiener Neustadt. Neben der Konstruktion von Personen- und Sportwagen gehörte dort insbesondere die Entwicklung von Flugzeugmotoren zu den herausragenden Aktivitäten. Überhaupt trat das Militär zunehmend als zahlungskräftiger Abnehmer seiner technischen Innovationen wie des 1913 vorgestellten Landwehr-Train mit einer Gesamtnutzlast von 30 Tonnen mit benzin-elektrischen Antrieb und Radnabenmotoren auf. Vom Militärdienst freigestellt, brachte ihm, inzwischen zum Generaldirektor von Austro-Daimler avanciert und u.a. mit der Entwicklung des Artilleriezugwagens M 17 beauftragt, die intensive Einbindung in die Rüstungsentwicklung die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Wien und einen kaiserlichen Orden ein.

Infolge der Nachwirkungen des Krieges und der 1921 in Österreich einsetzenden Hyperinflation schrumpften die ökonomischen Möglichkeiten von Austro-Daimler rapide. Deshalb nahm Ferdinand Porsche das Angebot der Stuttgarter Daimler-Motoren-Gesellschaft an, ihn 1923 als Leiter der Entwicklung in den Vorstand zu berufen. Porsche wurde also 1923 Stuttgarter und ließ sich als Ausdruck seines Großbürgeranspruchs von Paul Bonatz am Killesberg im Feuerbacher Weg 48 eine Villa entwerfen. Allerdings war ihm dies nur durch ein Darlehen seines neuen Arbeitgebers möglich. Porsche, der von der Technischen Hochschule Stuttgart 1924 die Ehrendoktorwürde erhielt, konstruierte auch bei Daimler zu aufwändig und an der Nachfrage vorbei. Sein Fünfjahres-Vertrag lief Ende 1928 aus, wobei die Auseinandersetzung um die Rückzahlung des Darlehens und anderer Vorschüsse die wenig gesicherte ökonomische Position des gut 50-Jährigen unterstrich. Porsche blieb aber Eigentümer seiner Stuttgarter Villa.

Enttäuscht ging Ferdinand Porsche 1929 zu den Steyr-Werken nach Oberösterreich, musste dort die Position allerdings am 12. Februar 1930 bereits wieder verlassen, da die Hausbank eine engere Kooperation mit Austro-Daimler befürwortete und die Porsche-Konstruktionen als wenig erfolgversprechend bewertete.

Mit nunmehr 55 Jahren stand er erneut vor dem Aus.

Die Gründung eines eigenen Konstruktionsbüros wies einen Ausweg. Anfang Oktober 1930 begann in Stuttgart die Suche nach geeigneten Büroräumen und Wohnungen, da die „Villa Porsche“ noch von der Daimler-Benz AG angemietet war. Ferdinand Porsche kam zunächst in der Schoderstraße in Stuttgart-Nord unter und bezog 1931 wieder sein Haus im Feuerbacher Weg 48. Verwaltung und Konstruktionsabteilung des neuen Unternehmens fanden am 8. Dezember 1930 in der Kronenstraße 24 im „Ulrichsbau“ – im Stadtzentrum in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof – Quartier. Doch die Finanzdecke der am 25. April 1931 gegründeten Firma „Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH Konstruktionen und Beratungen für Motoren- und Fahrzeugbau“ blieb trotz einer wachsenden Anzahl an Aufträgen von Zündapp oder dem Zittauer Lkw-Hersteller Phänomen extrem dünn.

Nachdem die Weltwirtschaftskrise Kleinwagen-Projekte hatte scheitern lassen, entstand nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten durch die Förderung der Automobilbranche und die Subventionierung des Motorsports ein Entwicklungsschub. Ferdinand Porsche, inzwischen 58-jährig, wollte diesen nicht an sich vorbeiziehen lassen, zumal ihn seine Rennwagenkonstruktionen in die Nähe des technikbegeisterten Hitlers brachten. Die prekär gewordenen Beziehungen zu seinem Geschäftspartner Adolf Rosenberger waren gleich im Frühjahr 1933 gelöst worden, was auch den Vorteil bot, dass der jüdische Anteilseigner das Unternehmen und das Land verließ.

Mit Hitler lockte ein mächtiger Auftraggeber in verschiedener Hinsicht: Zusammen mit seinem Chefkonstrukteur Karl Rabe nahm Ferdinand Porsche beispielsweise am 28. Oktober 1933 in der Stuttgarter Stadthalle an der „Führer“-Kundgebung teil. Doch erst der im Juni 1934 von Reichsverband der Automobilindustrie ergangene Auftrag zur Entwicklung eines „deutschen Volkswagens“, eines Prestigeprojekts des NS-Systems um Hitler, brachte Porsche in eine Zentralposition, die er zielstrebig zu nutzen wusste. Auto-Union und Daimler-Benz buhlten wegen der Erfolge seiner Silberpfeil-Rennwagen um seine Expertise. Nachdem Ferdinand Porsche und seinem Team die Lösung der technischen Herausforderungen auf dem Weg zum „Volkswagen“ gelungen war, ermöglichte ihm Anfang 1937 die Übernahme des Volkswagen-Projekts in die Zuständigkeit der Deutschen Arbeitsfront (DAF), das Symbol der kommenden Massenmotorisierung im Gleichschritt mit der politischen Führung fortzuentwickeln, ohne auf wirtschaftliche Begrenzungen Rücksicht nehmen zu müssen.

Parallel zu seiner im Mai 1937 erfolgten Berufung zum Geschäftsführer der DAF-„Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH“, erwarb die Porsche GmbH in Zuffenhausen in der Spitalwaldstraße 2 ein Grundstück, um das Konstruktionsbüro und den Versuchsbau angesichts der erweiterten Auftragslage an einem neuen Standort zu konzentrieren. Die Zeit der Garagenfirma endete, was auch in der Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit und im Oktober 1937 im Beitritt zur NSDAP Ausdruck fand.

Im Mai/Juni 1938 erfolgte der Umzug in das neue Gebäude. Auch wenn sich sein Unternehmen fester verankerte, wurde Porsche in Stuttgart doch kein Stadtbürger. Er besuchte zwar hin und wieder Kinos oder Unterhaltungsveranstaltungen, Porsche hatte jedoch durchgängig mehr als die Hälfte der Woche außerhalb von Stuttgart, beispielsweise in Berlin, Fallersleben, Wien oder im Ausland, zu tun. Ohnedies empfand er aber wohl kein Bedürfnis, Teil der Stadtgesellschaft zu werden. Nur im Zusammenhang mit dem Neubau des Konstruktionsgebäudes bat er Oberbürgermeister Dr. Karl Strölin im Oktober 1937 um Unterstützung.

Das 1937 zur „Dr.-Ing h. c. F. Porsche KG“ umfirmierte Stuttgarter Unternehmen nutzte den ökonomischen Aufschwung, den Porsche aus seiner Doppelrolle als Hauptgeschäftsführer des Volkswagenwerks und Eigner der Porsche KG zog: Er war Auftraggeber und Auftragnehmer in einer Person und intensivierte in den beiden letzten Vorkriegsjahren zudem die Kontakte zu Wehrmachtsstellen. Dass Hitler im Zusammenhang mit der im September 1938 verkündeten Verleihung des Deutschen Nationalpreises für Kunst und Wissenschaft Ferdinand Porsche zum „genialen Konstrukteur“ stilisiert hatte, gefiel beiden. Porsche ermöglichte die steuerbefreite Preissumme von 100.000 Reichsmark den Ankauf eines Haus mit Seegrundstück in Unterdellach am Wörthersee. Sein Unternehmen wuchs zusehends und beschäftigte am 1. Januar 1939 bereits 256 Mitarbeiter.

Die persönliche Beziehung zu Hitler setzte sich im Zweiten Weltkrieg ebenso fort wie die Kooperation mit den Militärs, die ihn zum Wehrwirtschaftsführer ernannt hatten. Anlässlich seines 65. Geburtstags im Oktober 1940 zum Honorarprofessor der TH Stuttgart gemacht, ließ die Entwicklung von Militär-Pkw wie Kübelwagen und dem im Max-Eyth-See erprobten Schwimmwagen, von Panzern sowie weiteren Rüstungsgütern die jährlichen Gewinne der Porsche KG bis 1944 auf mehr als 2 Millionen Reichsmark ansteigen.

Die Berufung zum Vorsitzenden der Panzerkommission und Mitglied des Rüstungsrats machten ihn zu einem herausragenden Rüstungsmanager, der zur Beschaffung von ausländischen Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen für das Volkswagenwerk auch seine Kontakte zu Hitler und Heinrich Himmler zu nutzen wusste. Die enge Verbindung zur SS-Führung brachte ihm den Rang eines SS-Oberführers und die Verleihung des SS-Totenkopfringes ein. Aber auch sein mehrfach vergrößerter Stuttgarter Betrieb setzte ab 1942 vermehrt auf die Rekrutierung von ausländischen Arbeitern, die u.a. in der Strohgäustraße 21 in Baracken untergebracht wurden.

Angesichts der zunehmenden alliierten Luftangriffe auf Stuttgart verbrachte Porsche mit seiner Familie mehr Zeit auf dem 1941 erworbenen Schüttgut in Zell am See oder am Wörthersee. Ab Mai 1944 begann die Verlagerung des Stuttgarter Kernbetriebs nach Gmünd in Kärnten. Dort setzte Ferdinand Porsche selbst noch 1945 die Arbeit an einem Strahlantrieb für die Vergeltungswaffe V 1 fort. Eine Distanzierung vom NS-Regime erfolgte nicht mehr. Während am 18. April 1945 Ferdinand Porsche in Begleitung von Sohn und Schwiegersohn noch den Kärntner NSDAP-Gauleiter Friedrich Rainer zu Besprechungen aufsuchte, wechselte nur drei Tage später in Stuttgart die Villa Porsche in die Befehlsgewalt der französischen Militärs.

Ferdinand Porsche, der sich selbst als unpolitischer Techniker betrachtete, glaubte im Mai 1945, dass die Nachwirkungen seiner prominenten Stellung in NS-System mit einigen Befragungen durch alliierte Technikexperten abgegolten wären. Nach einer ersten Internierung von Anfang August bis Mitte September 1945 bei Bad Nauheim widmete sich Porsche mit seinem Kernteam in Gmünd wieder Konstruktionsarbeiten an Traktoren. Im November 1945 folgte er dem Ruf der französischen Regierung zur Mitwirkung am Neuaufbau der dortigen Automobilindustrie, kam aber dann im Dezember 1945 in Frankreich wegen des Vorwurfs, an der Verhaftung und Deportation von Peugeot-Direktoren beteiligt gewesen zu sein, bis zum 1. August 1947 in Untersuchungshaft.

In Gmünd stellten während seiner Abwesenheit sein Sohn Ferry und die Tochter Luise bereits die Weichen auf eine positive Nachkriegsentwicklung. Zwar stand die Stuttgarter Porsche KG unter Treuhänderverwaltung, die Vermögenswerte blieben allerdings unangetastet. Der neuentwickelte Porsche 356 verkörperte ab Sommer 1948 die Zukunft als Sportwagenhersteller. Ferdinand Porsche hatte seinen Lebensmittelpunkt nach Österreich verlegt und war schon allein altersbedingt keine treibende Kraft der Rückkehr des Unternehmens Porsche nach Stuttgart mehr.

Im November 1950 erlitt Ferdinand Porsche in Stuttgart nach der Rückkehr von seinem ersten Nachkriegsbesuch im Volkswagenwerk einen Schlaganfall. Er verstarb am 30. Januar 1951 um 13.48 Uhr und wurde in der Kapelle des Stuttgarter Marienhospitals aufgebahrt. Die Trauerfeier fand am 3. Februar 1951 in der St. Georgs-Kirche statt. Seine letzte Ruhestätte fand Porsche, der Konstrukteur legendärer Rennwagen und des Volkswagens sowie Mitbegründer der Sportwagenmarke Porsche, in Zell am See.

Text: Manfred Grieger
Schlagworte: Stuttgart-Nord, Wissenschaftsfestival
Quellenhinweise:

 

 

Literaturhinweise:

Karl Ludvigsen, Genesis des Genies. Straße, Rennen und Luftfahrtinnovation 1900 bis 1933, Bielefeld 2010.
Hans Mommsen/Manfred Grieger, Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich, Düsseldorf 1996.
Wolfram Pyta/Nils Havemann/Jutta Braun, Porsche. Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke, München 2017.
Ulrich Viehöver, Ferdinand Porsche. Hitlers Lieblingskonstrukteur, Wehrwirtschaftsführer und Kriegsgewinnler, in: Hermann G. Abmayr (Hrsg.), Stuttgarter NS-Täter. Vom Mitläufer bis zum Massenmörder, Stuttgart 2009, S. 239-267.

GND-Identifier: 118595881
Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Manfred Grieger, Ferdinand Porsche (1875-1951), publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/a82961bb-0266-4fb5-b2ce-61da345c548c/Ferdinand_Porsche_%281875-1951%29.html