Die Zerstörung Stuttgarts, insbesondere der Altstadt, wird im kollektiven Gedächtnis der Stadtgesellschaft insbesondere mit den Luftangriffen zwischen dem 25. und 29. Juli 1944 in Verbindung gebracht. In einem Bericht von Oberbürgermeister Karl Strölin vor den Ratsherren am 10. August 1944 heißt es: „Die schweren Angriffe vom 25.-29. Juli haben der Hauptstadt die größte Katastrophe ihrer Geschichte gebracht. Sie galten den Wohnstätten, dem Geschäftsbezirk und den kulturellen Einrichtungen, und nach dem Zeugnis der Feindberichte der Moral der Stuttgarter Arbeiter, und waren danach reine Terrorangriffe. Das ganze alte Stuttgart ist vernichtet, besonders der schöne Marktplatz und Schillerplatz, die Altstadt und die alten Vorstädte.“ Strölin griff hier auf gängige Formulierungen der NS-Propaganda zurück. Als Vertreter der Verwaltung wie auch des Regimes stand er vor dem Problem, die massiven Auswirkungen der alliierten Luftoffensive gegen das Dritte Reich organisatorisch, aber auch propagandistisch bewältigen zu müssen. Als Präsident des Internationalen Verbandes für Wohnungswesen und Städtebau hatte sich Strölin frühzeitig mit dem Wiederaufbau zerstörter Städte in Friedenszeiten beschäftigt und bereits im Juli 1944 seine diesbezüglichen Vorstellungen veröffentlicht.
Seine Befürchtungen, dass es noch schlimmer kommen könnte, wurden in einem weiteren Luftangriff am 12.September 1944 zwischen 22.59 und 23.30 Uhr Wirklichkeit. Zunächst sorgten massenhaft abgeworfene Bodenmarkierungsmittel für eine nahezu taghelle Ausleuchtung. Dann wurden eine halbe Stunde lang 3.000 Spreng-, 75 Minen- und 160.000 Stabbrandbomben konzentriert in dicht bebaute Stadtteile abgeworfen, die schnell einen Feuersturm entfachten. Diejenigen Menschen, die sich in Stollen in Sicherheit gebracht hatten, hatten eine wesentlich größere Überlebenschance als diejenigen, die in den eng bebauten Wohnvierteln in ihren Kellern Schutz gesucht hatten und nun rasch durch das Feuer eingekreist wurden. Sie verbrannten bzw. wurden durch Kohlenmonoxid vergiftet oder starben an dem durch das Feuer verursachten Sauerstoffmangel. Manchen gelang in letzter Minute eine Flucht durch Schneisen, die die Feuerwehr freizuhalten versuchte, bis brennende Häusertrümmer die letzten Fluchtwege verschlossen. Auch Bunker wie der am Diakonissenplatz mussten in dieser Nacht wegen des Feuers evakuiert werden.
Eine große Zahl an repräsentativen öffentlichen Gebäuden wie die Staatsgalerie, das Staatsarchiv, die Landesbibliothek, die Alte Kanzlei, der Prinzenbau und die Oberpostdirektion wurden bei diesem Angriff zerstört bzw. weiter zerstört. Das Gebäude der Technischen Werke Stuttgart in der Lautenschlagerstraße, wo die Stadtverwaltung seit der Rathaus-Zerstörung eine Zwischenbleibe gefunden hatte, brannte aus. Aber auch die Strukturen zur Nahrungsmittelversorgung oder zur Behandlung von Kranken erlitten immense Schäden, ganz abgesehen von der Zerstörung von Strom-, Gas, Wasser- und Abwasserleitungen in großem Umfang.
60 % aller Gebäude erlitten so schwere Gebäudeschäden, dass sie nicht mehr instand gesetzt werden konnten. 11.350 Gebäude waren getroffen, davon 3.082 total zerstört, 1.400 schwer und 2.000 mittelschwer geschädigt. Ein weithin sichtbarer Feuersturm mit einer Ausdehnung von 2,5 Kilometer von Nord nach Süd und 2 Kilometer von Ost nach West fegte durch die Stadt. Alle Stadtviertel zwischen Nordbahnhof und Westbahnhof waren eine fortlaufende Trümmerstätte. Erstmals erlitten auch die höheren Lagen der Stadt große Schäden.
957 Tote, 1.600 Verletzte und 14 Vermisste waren die menschlichen Verluste der Angriffe, die von der Verwaltung als Nummer 28 und 29 gezählt wurden. Die Zahl von 884 Toten bei den Angriffen im Juli wurde noch übertroffen. Etwa 52.000 Obdachlose in ehemals 13.500 Wohnungen mussten sich nun in provisorischen Behausungen einrichten oder durch Abwanderung in umliegende Ortschaften eine Bleibe verschaffen.
Waren durch die Juli-Angriffe kollektive Moral und Widerstandswillen angegriffen worden, so waren diese jedoch erst seit dem September-Angriff auf ein Minimum gesunken. Strölin konstatierte in der Stadtbevölkerung eine „nervöse Gereiztheit“. Allgemeine Kriegsmüdigkeit, eine zunehmende Resignation sowie die Angst vor dem Kommenden kennzeichneten die Haltung der Überlebenden.
Oberbürgermeister Strölin ergriff als Leiter der Sofortmaßnahmen nach dem Angriff vom 12./13. September 1944 u.a. nach dem Vorbild Hamburgs durchgreifende Maßnahmen, um ein Überleben der Stadt zu sichern. Sein Vorschlag bestand darin, die vollkommen zerstörte Innenstadt zum Sperrbezirk zu erklären, um „Gefahrenquellen sicherheitspolizeilicher und sanitärer Art“ adäquat begegnen zu können. Vom 8. bis 13. Oktober 1944 unternahm eine Stuttgarter Delegation mit Medizinalrat Dr. Hoffmann vom Gesundheitsamt, dem beratenden Biologen Dr. habil. Hermann Peters und Oberbaurat Wilhelm Sohler vom Tiefbauamt eine Reise nach Berlin, Hamburg und Frankfurt a. M., um sich vor Ort über die dortigen Zerstörungen und Sperrzonen zu informieren. In Heidelberg ließ sich die Stuttgarter Delegation von dem Mediziner und Hygieniker Professor Dr. Emil Gotschlich über Maßnahmen zur Vorbeugung von Epidemien, v.a. die Rattenbekämpfung, informieren – Gotschlich hatte in Alexandrien als Direktor des Städtischen Gesundheitsamtes verschiedene Epidemien, u.a. die Pest, bekämpft.
Aus der Vielzahl der in Hamburg, Berlin und Frankfurt umgesetzten Maßnahmen wurden in Stuttgart Straßensperrungen, Kellerräumungen und die Rattenbekämpfung durchgeführt. Auf eine von Strölin zunächst ins Auge gefasste vollkommene Evakuierung der ehemaligen Bewohner wurde allerdings verzichtet. Der Begriff „tote Zone“ aus Hamburg wurde auf seinen Wunsch hin „aus psychologischen Gründen“ durch den Begriff „Sperrzone“ abgelöst.
Als Dokumente für diese Maßnahmen haben sich mehrere Sperrzonenpläne vom 13. Oktober und 8. November 1944 erhalten, die sowohl die Grenzen des Sperrbezirks wie auch mögliche Schwerpunkte des Wiederaufbaus dokumentieren. Die zur „Sperrzone“ deklarierten Bereiche umfassten 196,5 Hektar. Die verschütteten Straßenzüge sollten straßen- und blockweise geräumt werden, u.a. vom Sprengkommando des Instandsetzungsdienstes. Durchgangsstraßen waren so weit wie möglich freizulegen und in einen verkehrssicheren Zustand zu bringen. Bei den übrigen Straßen musste zunächst geprüft werden, ob die Anliegergebäude einsturzgefährdet waren bzw. Trümmer die Fortbewegung und Sicherheit gefährdeten, sie waren dann zu sperren. Diejenigen Straßen, in denen noch Wohn- bzw. Arbeitsmöglichkeiten bestanden, durften nur noch von Personen betreten werden, die ein berechtigtes Interesse hatten. Eine erste Rattenbekämpfung sollte im gesamten Stadtgebiet bereits Ende November 1944 durchgeführt werden.
Strölin war es wichtig, nicht den Eindruck einer totalen Vernichtung des Stadtkerns einschließlich der Altstadt entstehen zu lassen, da er sie für die leidgeprüfte Bevölkerung als identitätsstiftend und in der desolaten Situation für moralisch stabilisierend hielt. Tatsächlich stellte die weitgehende Zerstörung der Innenstadt für Stuttgart das äußere Zeichen für die sich anbahnende Niederlage dar. Die Erinnerung daran ist bis heute präsent und fand nach 1945 auch in der andauernden Diskussion über den Wiederaufbau bzw. die Neugestaltung des Stadtkerns ihren Ausdruck.