Um 85 n. Chr. eroberten römische Militärstreitkräfte die Gegend um Cannstatt und nutzten die Mineralquellen, die hier frei zutage sprudelten. Mit den Quellen, die man später „Männlein“ und „Weiblein“ nannte, erbauten sie Badeanlagen, die sie bis ins dritte Jahrhundert nutzten. Ob sich danach ein ununterbrochener Badebetrieb halten konnte, ist nicht bekannt. 1299 ist eine Sulzquelle erwähnt, spätestens 1377 wurde hier wieder ein Bad betrieben. 1449 wurde dieses Bad durch die Esslinger zerstört. Daraufhin hat man es westlich vor der Stadtmauer am Neckar wiederaufgebaut. 1538 ersetzte man es laut Inschrift an der Fassade durch ein neues Gebäude. Im Dreißigjährigen Krieg wurde dieses Gebäude abermals zerstört, aber noch vor Kriegsende 1643 wiedereröffnet.
Der Bau, der sich bisher in städtischer Hand befunden hatte, ging jetzt von der Stadt in Privatbesitz über. Die neuen Besitzer waren die Witwe Barbara Welt, geborene Körber, die in erster Ehe mit dem Bader Johann Laisle verheiratet gewesen war, und ein Sohn aus erster Ehe, der Bader Michael Laisle. In der Kaufurkunde erhielten sie ein Privileg zur Verabreichung von Mineralbädern. 1736 verfügte das Bad, das inzwischen von Johann Andreas Stierlin betrieben wurde, über acht Stuben zum Logieren, einen Speisesaal, sechs Badekabinen und ein Gemeinschaftsbad.
1774 übernahm der Chirurg Johann Jacob Frösner (1746-1813) als Schwiegersohn des Badmeisters Weissinger den Betrieb. Frösner richtete das Haus mehrmals neu her und eröffnete zusätzlich 1792 als Cannstatter Sensation die erste Flussbadeanstalt im Neckar. Sogar transportable Mineral-Wannenbäder wurden im Fass nach Stuttgart gefahren und dort an einzelne Privathäuser abgegeben. Das frische Quellwasser wurde in Trinkkrügen zum Verkauf angeboten. Während der napoleonischen Kriege wurde auch Frösners Bad beschädigt und geplündert.
Um 1800 stagnierte Cannstatts bescheidenes Kurwesen noch. 1806 übernahm Frösners gleichnamiger Sohn (1773-1843) die Leitung des Bades. Er erwies sich zusammen mit seinen Brüdern Johann Ludwig (1769-1846), Johann Friedrich und Max Frösner als Geschäftsführer mit glücklicher Hand. Mit den ersten erwirtschafteten Gewinnen konnten die Brüder 1812 einen neuen Hotelbau verwirklichen sowie die Bäder sanieren. Zudem wurde 1817 die mittelalterliche Stadtmauer weiter abgerissen, wodurch gleich hinter dem Grundstück eine Verbindung zur Altstadt entstand. Allerdings bewirkte der 1816 an die Regierung gekommene König Wilhelm I. von Württemberg, dass die Brüder ihr Monopol verloren. Sie bekamen nun Konkurrenz durch die zwei neuen Bad-Hotels „Ochsenwirt“ in der Brückenstraße sowie „Zoller“ an der Brunnenstraße. Diese Badewirte hatten ebenfalls eine Genehmigung erhalten, fortan kalte und warme Mineralbäder anbieten zu dürfen.
Cannstatt entwickelte sich in der Folge zum bedeutenden Kurort. Deshalb ließ Frösner das „Weiblein“ zum Trinkbrunnen herrichten. Neben der Badekur setzte er nun verstärkt auf die seinerzeit beliebte Trinkkur. Das Hotel erweiterte er mit zwei neuen Flügeln zur Dreiflügelanlage mit Speise- und Konversationssaal, Billardzimmer und Lesekabinetten. Diese waren über eine Seufzerbrücke mit dem Badehaus, das über zwanzig Kabinen verfügte, sowie mit geräumigen Pferdeställen verbunden. Weiterhin wurde ein Tanzsaal mit hohen Rundbogenfenstern durch den Architekten Nikolaus Friedrich Thouret erbaut, nach dessen Plänen später auch der Cannstatter Kursaal als Trink- und Wandelhalle entstehen sollte. Am 21. Juni 1821 fand im fertigen Tanzsaal ein Saisoneröffnungsball statt. Architektonisch präsentierten sich die Kurhäuser schlicht, aber elegant in klassizistischem Stil über altem Fachwerk.
Der dazugehörende Badgarten mit den Abmessungen von elf Morgen, früher durch einen Fahrweg in zwei Teile getrennt, war nun zu einer großzügigen Grünfläche vereint und ganz neu angelegt worden, mit Alleen, Wasserspielen und Musikpavillon. Hier gab es u.a. eine Rutschbahn, ein Karussellhäuschen, Schaukeln, eine Balancierstange, Tontaubenschießstände, eine Menschenwaage, ein Fortunaspiel und eine Kegelbahn. Tische und Buden rundeten das Angebot ab. Gefeiert wurde zunächst mittwochs und sonntags für drei Kreuzer Eintritt bei nächtlicher Beleuchtung, manchmal mit Feuerwerk, Musik und Tanz. Nach dem englischen Vorbild der Pleasure Gardens und Vauxhalls entwickelte sich der Garten zu einem frühen Vergnügungspark für Stuttgart, Cannstatt und Umgebung.
1833 wurde eine dritte Quelle erschlossen und zwei Jahre später die Badstraße über dem alten Graben angelegt. Auf dem benachbarten Wasen wurde jährlich Ende September das Cannstatter Volksfest gefeiert, wo neben einer Pferderennbahn auch Rutschberge und Karussells aufgestellt wurden. Schausteller stellten ihre Kuriositäten aus. Der Volksfestgründer König Wilhelm ließ auf der gegenüberliegenden Neckarseite ein exklusives aristokratisches Pendant zu dem öffentlichen Garten anlegen, nämlich die „Wilhelma“ mit Kurtheater sowie Badhaus, Festsaal, Musikpavillons und Wandelgängen. Lampions illuminierten den orientalisierenden Garten. Vergnügte sich im Badgarten das Volk, so feierte in der Wilhelma in umso festlicherem Ambiente der europäische Adel.
Bereits 1844 übernahmen die beiden Investoren Carl Heinrich Herrmann und Andreas Formis, letzterer soll ein ausgezeichneter Koch gewesen sein, das Hotel des zuvor verstorbenen Johann Jacob Frösner jun., das ihnen dessen Sohn Karl für 135.000 Gulden verkauft hatte. Mit 150 Gästezimmern erlebte das Hotel Herrmann in den 1850er Jahren seine Blüte und beherbergte viele Besucher aus dem internationalen Hochadel sowie aus dem Ausland, z.B. aus England, den USA und Russland. Zu den prominentesten Kurgästen zählten die Schriftsteller Honoré de Balzac und Berthold Auerbach.
Mit 3.495 Kurgästen war im Jahr 1855 in Cannstatt ein Höchststand erreicht. Diese nicht geringe Anzahl kann sich durchaus messen lassen mit Kurorten wie Baden-Baden, Wiesbaden oder Karlsbad, wo im gleichen Zeitraum jährlich über 5.000 Gäste gezählt wurden. Im Königreich Württemberg herrschte allerdings Spielbankverbot. Eine Attraktion im Garten des Hotels Herrmann war dafür das Freilichttheater des Intendanten Franzmüller. An heiteren Sonn- und Feiertagen war der Badgarten der Treffpunkt schlechthin, vornehmlich für die Stuttgarter.
Der Beginn des modernen Eisenbahnverkehrs zwischen Cannstatt und Stuttgart beeinträchtigte jedoch den nahe der Schienen gelegenen Betrieb. Das früher beschauliche Cannstatt veränderte sich in der Folge zur Industriestadt. Parallel dazu setzte der Niedergang des Kurwesens ein. 1871 mussten Herrmann und Formis an Friedrich Schmidt und August Meyhe verkaufen. Das Hotel baute man daraufhin zu einem Wohnhaus um. Es muss erneut den Besitzer gewechselt haben, denn Herrmann und Formis kauften es 1883 von einem Herrn Achtelstetter zurück. Vier Jahre später starb Herrmann. Der traditionsreiche Badebetrieb lebte ab 1889 noch einmal auf, als der Investor Karl Mehl ein neues Mineralbad eröffnete, das 1887 in der Badstraße eingerichtet worden war. Karl Mehl blieb der Eigentümer, aber die Betreiber wechselten, 1892 betrieb Julius Borchert das Bad.
Der Tanzsaal des Hotels wurde um 1890 zu einer Werkstatt umfunktioniert. Wilhelm Maybach tüftelte darin zur Jahrhundertwende am Otto-Motor. Das örtliche Kurwesen war zu der Zeit bereits eingegangen, aber die Schwimmbäder Leuze und Berg bestanden weiter. 1906 kaufte Willy Schiffmann das Mineralbad von Mehl, dieses erhielt den Namen „Mineralbad Schiffmann“.
Im Ersten Weltkrieg wurden die Räumlichkeiten als Reservelazarett genutzt, auch nach dem Krieg bestanden sie weiterhin als provisorische Hospitäler. Allein das Mineralbad blieb weiter in Betrieb. 1919 erwarb der württembergische Landesverein des Roten Kreuzes das Hotel. Jedoch versiegten die uralten Quellen „Männlein“ und „Weiblein“ zehn Jahre später wegen der Kanalisierung des Neckars mit Beseitigung der Berger Insel völlig. Schiffmann fasste die 1833 erschlossene Quelle 1933 neu. In unmittelbarer Nachbarschaft entstanden Straßenbahnlinien sowie weitere neue Wohnblocks, welche den Badgarten überdeckten.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die meisten Gebäude getroffen. Das weitgehend verschont gebliebene Krankenhaus wurde beim Wiederaufbau sowie erneut 1971 saniert. Ein Jahr später schloss das Mineralbad Schiffmann. Eine Wäscherei nutzte das Quellwasser noch einige Jahre. Das alte Krankenhaus musste 1995 einem Neubau weichen, der 1998 in Betrieb ging.
Seit 2004 nähert man sich über den benachbarten „Stadtstrand“ am Flussufer dem Ort mit der ältesten Badetradition Stuttgarts symbolisch wieder an. Noch sind die Flussbäder nicht zurück. Aber der Wassersport auf dem Neckar ist wieder im Kommen und die Wasserreinheit wird besser. Das letzte baukulturelle Überbleibsel der vor zweihundert Jahren so großartigen und inzwischen nahezu zweitausendjährigen Badekultur ist die Mineralquelle an der Eisenbahnstraße, der Schiffmann-Brunnen.