Paula Straus war ihrer schwäbischen Heimat und besonders Stuttgart, wo sie aufwuchs, sehr verbunden. Sie wurde als zweite der drei Töchter des Kaufmanns Leon Straus am 31. Januar 1894 in Stuttgart geboren. Ihre Mutter Clara, geb. Levi (1870-1943), war Stuttgarterin. Deren Vater wiederum, Moses Hirsch Levi (1833-1901) stammte aus Freudental, wo sich seit dem 18. Jahrhundert eine der bedeutendsten jüdischen Landgemeinden in Württemberg befand. Die Liebe zur schwäbischen Heimat, zu ihrer Landschaft und ihren Dichtern hatte Paula Straus von ihrer Mutter geerbt. Schon als Schülerin der Staatlichen Höheren Mädchenschule im Stuttgarter Westen liebte sie es, die Landschaft des Neckartals und der Schwäbischen Alb zu durchwandern. Wie ihre ältere Schwester Lilli (1892-1981) zählte sie bereits in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu den ersten weiblichen Mitgliedern des Wandervogels, den beide wegen antisemitischer Tendenzen jedoch wieder verließen. Ihre jüngere Schwester Sofie verstarb früh (1895-1915).
Nach Abschluss ihrer höheren Schulbildung mit Diplom begann sie mit 17 Jahren eine kunsthandwerkliche Ausbildung. Von 1911 bis zu ihrer Gesellenprüfung 1916 besuchte sie die Königliche Fachschule für Edelmetallindustrie in Schwäbisch-Gmünd. Sie hatte sich als Ziseleurin eine Spezialisierung gewählt, die das plastische Modellieren der Metalloberfläche in den Vordergrund stellte, eine Technik, die besonders bei dem von ihr entworfenen Schmuck und der frühen silbernen Korpusware zum Einsatz kam. Schon früh zeigte sie neben der Beherrschung dieser diffizilen, zugleich Geschmeidigkeit wie Härte erfordernden Technik ein Höchstmaß an künstlerischem Feingefühl und eine untrügliche Sicherheit des Geschmacks. Handwerklich gut und vielfältig ausgebildet verließ Paula Straus Schwäbisch Gmünd und arbeitete von 1916 bis 1919 als Gehilfin in der Gold- und Silberschmiede I. Köhler in Frankfurt am Main.
Wohl um ihre Fähigkeiten zu erweitern, kehrte die junge Goldschmiedin 1919 nach Stuttgart zurück, diesmal an die Staatliche Württembergische Kunstgewerbeschule am Weißenhof, deren Schwerpunkt auf der Zusammenführung von Handwerk und Kunst lag. Die renommierte Schule stand damals seit einigen Jahren unter der Leitung von Professor Bernhard Pankok (1872-1943), der von seinen Anfängen her dem Handwerk besonders verbunden war und der, wie alle Lehrkräfte der Schule, die Bestrebungen des 1907 in München gegründeten Deutschen Werkbunds nachdrücklich unterstützte. Sie wurde Meisterschülerin von Professor Paul Haustein (1880-1940), dem Leiter der Versuchswerkstätte für Metallverarbeitung. Durch ihn erhielt sie eine hervorragende Akademie- und Kunsthandwerksausbildung und somit beste Voraussetzungen zu weiterem künstlerischem Wachstum und technischem Heranreifen.
Am 7. April 1921 legte Paula Straus, die schon damals unter den Schülern der Kunstgewerbeschule durch die Qualität und Reife ihrer Arbeiten aufgefallen war, ihre Meisterprüfung als Goldschmiedin „mit Auszeichnung“ ab. Als Meisterin arbeitete und lehrte sie weiterhin in der Meisterklasse. Sie zeichnete sich als kluge Vermittlerin und engagierte Lehrerin für eine Vielzahl von Studierenden aus. In einem Zeugnis von 1924 bescheinigte ihr Paul Haustein, dass er sie aufgrund jahrelanger Zusammenarbeit, vermöge ihrer Tatkraft, Charakterfestigkeit und Klarheit für durchaus befähigt halte, ein Lehramt in ihrem Beruf auszuüben.
Schon früh wurde sie in größere Aufträge, die an die Kunstgewerbeschule gingen, mit einbezogen. So erteilte der Uhrenfabrikant Dr. Oskar Junghans 1922 Paul Haustein den Auftrag, eine Schmuckgarnitur für seine Frau Albertine zu fertigen. Der Glaskünstler Wilhelm von Eiff entwarf die Bergkristallelemente und Paula Straus war für den filigranen Dekor aus granuliertem Gold verantwortlich. Erstaunlich rasch gelang es ihr, sich auch mit ihren eigenen Arbeiten von Schmuck und handgearbeiteten Silbergeräten in der vordersten Reihe der deutschen Kunsthandwerker zu etablieren. Bereits 1923 fanden ihre Exponate innerhalb der Stuttgarter Schau „Handwerkliche Kunst aus Schwaben“ ein außergewöhnlich zustimmendes Echo, das sich auch in mehreren Publikationen niederschlug. Die Granulation, eine uralte, reizvolle, aber schwierige Ziertechnik, die Paula Straus meisterhaft beherrschte, wurde bei ihren künstlerischen Arbeiten besonders gerühmt.
Das Jahr 1924 gewann für die künstlerische Entwicklung von Paula Straus eine besondere Bedeutung. Mit gleich drei Objekten war sie in der großen Ausstellung des Werkbunds mit dem programmatischen Titel „Die Form“ vertreten, dessen Mitglied die Künstlerin zuvor bereits geworden war. Gastgeberin war die Stadt Stuttgart. Der gleichzeitig erschienene, die Ausstellung dokumentierende Band „Die Form ohne Ornament“ enthielt eine umfängliche Würdigung ihrer Arbeiten. Die Teilnahme an der Stuttgarter Ausstellung und die sich mehrenden publizistischen Würdigungen hatten den Namen der jungen Goldschmiedin weithin bekannt gemacht. Nun häuften sich die Angebote für Straus. Die Städtische Kunsthalle in Mannheim, seit ihrer Gründung 1908 den zeitgenössischen Kunstströmungen besonders eng verbunden, richtete Paula Straus 1925 ihre erste Einzelausstellung aus, die Resonanz der heimischen Presse war überwältigend. Auf der „Mostra Internazionale delle Arti Decorative“ von 1925 in Monza wurden Beispiele ihres Schaffens – neben Arbeiten von Emil Lettre, Emmy Roth und W.F. Wilm – zum ersten Mal im Ausland gezeigt. Die national und international zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung erfuhr im gleichen Jahr noch eine Steigerung: So wurde sie 1925 in den exklusiven Kreis der Werkstattgruppe des Deutschen Werkbunds aufgenommen.
Dennoch konnte sie in Stuttgart ihre Existenz finanziell nicht sichern. Obgleich sie erfolgreich an der Kunstgewerbeschule lehrte, gehörte sie nicht zum festen Lehrkörper; auch war es ihr aus wirtschaftlichen Gründen versagt, eine eigene Werkstatt zu gründen. Aufgrund ihrer Ausbildung an der Kunstgewerbeschule ergab sich aber noch eine andere Möglichkeit, beruflich tätig zu werden, die Paula Straus nun nutzte. Die Studenten waren dort auch zu Entwerfern erzogen worden, die mit ihren Fähigkeiten zu einem vorbildlichen Design für die erstarkende industrielle Herstellung beitragen sollten. Sowohl Pankok als auch Haustein pflegten deshalb enge Verbindungen zu den wichtigsten Industrieunternehmen Württembergs, die teilweise für die Ausstattung der Werkstätten aufkamen.
Im September 1925 berief sie der Vorsitzende des Deutschen Werkbunds Peter Bruckmann (1865-1937) in das Design-Atelier seiner Heilbronner Silberwaren-Firma Bruckmann & Söhne. Mit dem Eintritt in die industrielle Produktion begann ihre damals für eine junge Frau beispiellose Karriere als Industriedesignerin. Mit ihrer eigenen Formensprache, ihren modernen und klaren Kreationen schuf sie Silbergerät für die handwerkliche und maschinelle Produktion. Ein Kaffee- und Teeservice, ihr industrielles Meisterstück, war ganz offensichtlich ein Erfolgsmodell der Firma. Einen Höhepunkt stellte die Teilnahme an der Weltausstellung in Barcelona 1929 dar, auf der ihre Silberkreationen, für die sie den Grand Prix erhielt, besonderes Aufsehen erregten. Dennoch blieb das Goldschmiedehandwerk der Mittelpunkt ihres Schaffens. Neben ihrer Mitarbeit an der Produktion des Hauses erhielt sie die Möglichkeit, in einem Firmenatelier ihre eigenen Schmuckarbeiten weiter zu betreiben. Einen schöpferischen Freiraum bot ihr auch ein Bauernhaus in Gundelfingen, das sie Anfang der dreißiger Jahre übernehmen konnte und das zu ihrer geliebten Wahlheimat wurde.
Zum 31. Januar 1933 verließ Paula Straus die Firma Bruckmann & Söhne. Die Kündigung erfolgte aus wirtschaftlichen Gründen aufgrund des starken Absatzrückgangs. Peter Bruckmann versicherte ihr damals, dass er hoffe, die geschätzte Goldschmiedin später wieder als Mitarbeiterin gewinnen zu können. Gleichzeitig fand sie direkt im Anschluss am 1. Februar 1933 eine neue Anstellung im Kunstatelier der Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF) in Geislingen an der Steige. Doch noch vor Ende dieses Jahres war sie – unter dem Druck judenfeindlicher Erlasse – gezwungen, wieder auszuscheiden.
Sie kehrte nach Stuttgart zurück. Zwar arbeitete sie als Goldschmiedin weiter, aber als Deutsche jüdischen Glaubens – als sogenannte Nichtarierin – spitzte sich die Situation von Jahr zu Jahr mehr zu. Für ihre eigenen Arbeiten hatte sie sich in der Azenbergstraße 57 eine Werkstatt einrichten können. Sie versuchte, als freischaffende Künstlerin weiterzuarbeiten, unterstützt von Gutachten früherer Lehrer und Förderer. So bestätigte ihr Pankok am 16. Juni 1934, sie habe als Goldschmiedemeister so hervorragende künstlerische Leistungen aufzuweisen, dass sie in erster Linie als ausgezeichnete Künstlerin zu bewerten sei. Bestärkend empfand sie auch, dass ihr Schaffen noch im Dezember 1934 in einer Stuttgarter Tageszeitung als „besonders vielseitig" gerühmt werden konnte. Trotzdem verblieb ihr nur innerhalb der jüdischen Kulturorganisationen die Möglichkeit, mit ihrem Schaffen an eine bereits sehr eingeschränkte Öffentlichkeit zu treten. Im Sommer 1935 stellte sie so im Rahmen der „Jüdischen Kunstausstellung“ aus, die von der erst 1933 gegründeten Jüdischen Kunstgemeinschaft in Stuttgart veranstaltet worden war. Mit ihren letzten Schmuckstücken, entstanden 1936, nahm sie 1937 an einer Ausstellung der Jüdischen Kunstgemeinschaft teil.
In Stuttgart, wo die beiden Schwestern Lilli und Paula mit ihrer Mutter nach 1933 in der Kornbergstraße 56 und in der Ehrenhalde 29 gewohnt hatten, schuf das Zusammenleben in Mietshäusern wachsende Schwierigkeiten; doch gelang es noch 1937, ein kleines Häuschen am oberen Ende der Gablenberger Hauptstraße 173 zu beziehen. Nach der Progromnacht im November 1938 verschärfte sich die Situation der jüdischen Mitbürger in Stuttgart dramatisch. Der Schwester Lilli gelang 1939 die Emigration in die Vereinigten Staaten. Nach dem Arbeitsverbot und der Aufgabe ihrer Werkstatt 1939 unternahm auch Paula Straus vielfältige Versuche, ins Ausland zu emigrieren. Sie bemühte sich um Anstellungen bei Silber- und Metallwarenfirmen in Holland, der Slowakei, den USA, doch keiner der Versuche hatte Erfolg. Nach der Zwangsenteignung der Häuser in Stuttgart und Gundelfingen wurde Paula Straus mit ihrer Mutter in ein sogenanntes „Judenhaus“ in der Werfmershalde eingewiesen. 1940 bis 1942 wurde sie zu Arbeitseinsätzen in die jüdischen Altersheime in Herrlingen, Buttenhausen und zuletzt in Haigerloch herangezogen, in das sie ihre Mutter nachholte. Kurze Zeit danach wurde der Abtransport aller in Württemberg verbliebenen Juden befohlen und als Sammelort der Stuttgarter Killesberg bestimmt. Am 22. August 1942 verließen die Güterzüge mit den zur Deportation bestimmten schwäbischen Juden den Stuttgarter Nordbahnhof. Der Transport ging nach Theresienstadt. Von dort wurde Paula Straus am 29. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert, wo die Stuttgarter Künstlerin am 10. Februar 1943, wenige Wochen vor ihrem 49. Geburtstag, in der Gaskammer ermordet wurde.