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Robert Bosch, seit 1886 in Stuttgart ansässig, kaufte 1909 ein Gelände in Feuerbach und schaffte damit die Voraussetzung für das spätere Feuerbacher Werk. Als erster Bau entstand hier 1910 ein Presswerk, in dem Metallerzeugnisse für die Magnetzündung gefertigt wurden. Bosch entwickelte sich zum größten Arbeitgeber im Stadtteil Feuerbach.

Die Gebäude der Stuttgarter Werkanlage, zwischen Liederhalle und Hoppenlaufriedhof gelegen, hatten ihre maximale Höhe erreicht und boten kaum noch Platz, um die Produktion weiter auszudehnen. Zudem lag die Werkanlage im Wohngebiet, und Anwohner beklagten sich immer wieder über Belästigung durch den produktionsbedingten Lärm.

Die mangelhafte Qualität der für den Bau von Magnetzündern gelieferten Metallerzeugnisse und die Unzuverlässigkeit der Zulieferer führte dazu, dass Robert Bosch beschloss, diese Metallteile selbst zu produzieren. Für Feuerbach sprachen die deutlich niedrigeren Grundstückspreise, die Möglichkeit, sich abseits von Wohngebieten weit auszudehnen, und nicht zuletzt der vorhandene Gleisanschluss. Gerade die Möglichkeit zur räumlichen Ausdehnung führte dazu, dass die Feuerbacher Werkanlagen ganz anders als die Stuttgarter gestaltet wurden: In Feuerbach musste nicht in die Höhe, sondern konnten Hallen- und Shedbauten errichtet werden. Diese Flachbauten hatten den Vorteil guter Belüftung und Beleuchtung und ermöglichten einfache Transportwege.

Im Jahre 1909 erwarb Robert Bosch ein Gelände in der damals noch eigenständigen Stadt Feuerbach im Bereich Breite Straße (heute Steiermärker Straße). Am 4. September 1909, wurde das Werk Feuerbach als Zweigniederlassung des Stuttgarter Bosch-Werks eingetragen (Handelsregister Abt. 1, Bd. 1. Blatt 165).

In den Jahren 1917 bis 1928 erwarb Bosch sukzessive ein zusammenhängendes Areal, darunter auch das Gelände und Gebäude der Pianofabrik Lipp & Sohn. Der sogenannte Lipp‘sche Bau, in dem anfänglich Zündkerzen gefertigt wurden, prägte über Jahrzehnte hinweg bis zu seiner Sprengung 1985 als markantestes Gebäude das Gesicht der Feuerbacher Werkanlage.

Mit einem Großgeländekauf 1924 erstand Bosch ein zusammenhängendes Gebiet zwischen der heutigen Steiermärker,- der Leobener- und der Bregenzer Straße. Ein Geländetausch mit der Stadtgemeinde Feuerbach ermöglichte es 1928, eine weitere Grundstücksfläche zwischen Roßeisen-, Kalkofen- und Siegelbergstraße an das übrige Gelände anschließen zu können.

Als erstes Bosch-Gebäude in Feuerbach entstand die Presserei als Herzstück des am 25. Mai 1910 gegründeten „Robert Bosch Preßwerk Feuerbach“, ab 1917 „Robert Bosch Metallwerk AG“. Dieses Presswerk bildete die Keimzelle des Bosch-Standorts Feuerbach. Eugen Kayser, Freund und Schwager Robert Boschs, war mit der Gründung dieses Werks betraut und sein erster Leiter. Erweitert wurde das Presswerk 1914 durch eine moderne Gießanlage, die bis Mitte der 1980er Jahre bestehen blieb. Das Wachstum der Firma brachte immer wieder Umstrukturierungen mit sich. Besonders die Verschmelzung der rechtlich eigenständigen Metall AG mit dem Unternehmen Bosch prägte und sicherte die Zukunft des Bosch-Werks Feuerbach.

Inzwischen waren in Feuerbach weitere Werkteile wie das 1914 fertiggestellte Lichtwerk entstanden. Noch im August des gleichen Jahres, der Krieg war inzwischen ausgebrochen, stellte Robert Bosch den Bau als Lazarett zur Verfügung. Es wurde ausgestattet mit 350 Betten, Bädern und medizinischem Gerät. Bis zur Auflösung des Lazaretts im Juni 1916 wurden hier mehrere tausend Verwundete des Ersten Weltkriegs aufgenommen. Ab 1927 wurden im Lichtwerk auch Autobatterien gefertigt und ab 1933 die ersten Haushaltskühlschränke.

Als 1923 die Fertigung von Schmierpumpen, den sogenannten Ölern, von Stuttgart nach Feuerbach umzog, entstand für das neue Ölerwerk der vorläufig letzte Eisenbetonbau der Firma Bosch. In ihm fertigte Bosch ab 1927 die ersten Einspritzpumpen für Dieselmotoren in Serie. Auch das neue Isolitwerk wurde in diesem Gebäude untergebracht. Verschiedene Kunststoffe wurden hier zu Gehäusen von Elektrogeräten oder als Isolatoren für Zündkerzen verarbeitet.

In diese frühe Zeit fällt auch eine der nachhaltigen sozialen Leistungen Robert Boschs: Um den Mitarbeitern, die teilweise lange Anfahrtswege auf sich nahmen, eine warme Mahlzeit zu ermöglichen, wurden ab 1915 im Feuerbacher Werk Mittagessen verkauft. Schließlich wurde 1919 die Kantine in einem eigenen Gebäude untergebracht und war damit die erste Kantine der Firma Bosch überhaupt. Auch ein eigener Schweinestall mit Platz für 35 Schweine wurde im Werk 1921 errichtet; Küchenabfälle sollten auf diese Weise sinnvoll genutzt werden. Weniger intensiv war ab 1938 der Anbau von Kartoffeln auf den Freiflächen des Werks mit dem Bosch versuchte, Forderungen des Vierjahresplans der Nationalsozialisten umzusetzen.

Der Zweite Weltkrieg brachte auch für Bosch große Einschnitte: In Feuerbach waren in den Kriegsjahren 1943/44 bei mehreren Bombenangriffen 47 Prozent der Werkanlagen so zerstört worden, dass sie nicht mehr genutzt werden konnten. Nach dem Wiederaufbau wuchs das Feuerbacher Werk jedoch so rasant, dass sogar Teile der Fertigung an andere Standorte verlagert werden mussten. Daneben verlegte Bosch weiterhin Produktion vom Stuttgarter Stammwerk nach Feuerbach, wie etwa 1956 die Fertigung der Magnetzünder.

Nach dem Verkauf der Schmierpumpenfertigung wurde 1955 das Ölerwerk in Pumpenwerk umbenannt. Mit der dort gefertigten Axialkolben-Verteilerpumpe etablierte sich die Dieseleinspritztechnik auch im Pkw. Im 1966 fertiggestellten Neubau des Lichtwerks wurden u.a. Drehstromlichtmaschinen und ab 1972 ein neuer Scheinwerfertyp gefertigt: der Halogenscheinwerfer. Für das Metallwerk entstand 1969 ein Neubau an der Bregenzer Straße.

Ein 1976 aufgesetzter Generalplan für Feuerbach, der schrittweise in den kommenden Jahren umgesetzt wurde, sorgte schließlich für eine klare Entwicklung und Organisation der Bauvorhaben am Standort. Zahlreiche ältere Gebäude wurden abgerissen, einige saniert. Platz für verbesserte Arbeitsabläufe und -bedingungen wurde geschaffen und die künftigen Erweiterungen auf die Fertigung von Einspritzpumpen für Dieselmotoren und die Entwicklung von Dieseleinspritzausrüstung angelegt. So entstand in Feuerbach 1979 in einem neuen Entwicklungsgebäude das Technische Zentrum Dieseleinspritzung.

Als Meilenstein im Umweltschutz gilt der Bau der neuen Ver- und Entsorgungszentrale, die 1988 vollständig in Betrieb genommen wurde. Sie garantierte unter anderem das sichere Lagern und Umschlagen aller im Betrieb benötigten Chemikalien. Abfälle konnten sortenrein entsorgt und nach Möglichkeit der Wiederverwertung zugeführt werden. Dieser Bau erhielt vom Bund Deutscher Architekten 1990 eine Auszeichnung für gutes Bauen.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Werks weiter zu gewährleisten, wurden weitere strukturelle Veränderungen beschlossen: Feuerbach sollte weniger Produktionsstandort als Sitz von Entwicklung, Verwaltung und Vertrieb sein. Das Metallwerk, das immer höheren Umweltschutz erforderte und dessen gegossene Produkte abgelöst wurden von neuen Techniken, war nicht mehr rentabel, so dass es 1991 geschlossen wurde.

Licht- und Pumpenwerk wurden 1994 zum Werk Feuerbach zusammengeschlossen. Hier wurden ab 1997 die Hochdruckpumpen für das Hochdruck-Dieseleinspritzsystem Common Rail gefertigt. Damit etablierte sich Feuerbach zum Leitwerk weltweit für alle Common-Rail-Pumpen. Doch auch die Fertigung von Komponenten für die Abgasnachbehandlung sowie Entwicklungsabteilungen von Benzinsystemen wie Lambdasonde, Sensoren und Zündkerze haben seither hier ihren Sitz.

2001 wurde auf einem Areal an der Borsigstraße ein neuer Gebäudekomplex erstellt, in dem sich die Bosch-Tochtergesellschaft ETAS (Entwicklungs- und Applikationswerkzeuge für elektronische Systeme) ansiedelte. Außerdem befindet sich dort der Sitz der Ausbildungsabteilung für verschiedene Metall- und Elektroberufe sowie für kaufmännische Berufe. Feuerbach ist weltweit der größte Bosch-Standort für Ausbildung.

Elektroantriebe und vernetztes Leben (Internet der Dinge) gewinnen zunehmend an Bedeutung. Um diese Entwicklung mit Know-how zu unterstützen, bündelt Bosch Kompetenzen aus verschiedenen Standorten in Feuerbach: Die Softwaresparte wird in einem neu erstellten Gebäudekomplex an der Borsig- und der Kruppstraße vereint. Im Werk selbst kommen der 2016 entstandene Battery Campus, die hier gerade angelaufene Fertigung von Abgassensorik, Sensortechnik und Startsystemen Ende des Jahres 2017 unter ein gemeinsames Dach. Feuerbach wird hierdurch auch in Zukunft für Bosch ein Standort von herausragender Bedeutung bleiben.

Das Werk Feuerbach ist das älteste und mit mehr als 12.000 Mitarbeitern das derzeit größte Werk der Robert Bosch GmbH.

Text: Angelika Merkle
Schlagwort: Stuttgart-Feuerbach
Quellenhinweise:

Akten aus Beständen des Robert Boschs-Archivs:
1 024 Bestand Werk Feuerbach.
1 046 073 007 – Gründung Preßwerk, Gründung Ölerwerk.
1 946 073 007 – Lazarett.
1 02 035 (1) - Generalplan zur Umstrukturierung der Feuerbacher Werkanlage – Protokoll der Geschäftsführersitzung 1975.

Literaturhinweise:

Bosch-Zünder 1965, Heft 5 – Ausbildung.
Bosch-Zünder 1984, Heft 8, Reihe: 75 Jahre Bosch in Feuerbach.
Bosch-Zünder 1991, Heft 7 – Metallwerk.
FeP Werkschau 3/2016, S. 10 – Battery Campus.
Christine Siegel, 100 Jahre Werk Feuerbach, in: Magazin zur Bosch-Geschichte 2009, S. 32-33.

Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Angelika Merkle, Boschwerk in Feuerbach, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/5d5e5dbc-6e10-4835-a544-4d56a1578fed/Boschwerk_in_Feuerbach.html