Der Christopher Street Day geht auf die Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Besuchern der Bar Stonewall Inn im New Yorker Stadtteil Greenwich Village zurück. Nach mehreren gewalttätigen Razzien, die sich verstärkt gegen afro- und lateinamerikanische Schwule richteten, setzten sich die Betroffenen in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969 zur Wehr. Es folgten Straßenschlachten mit der New Yorker Polizei, als Stonewall Riots bekannt. Zum ersten Jahrestag der Auseinandersetzungen wurde in New York eine Parade organisiert, um für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung zu demonstrieren. Als Gedenktag etablierte sich jeweils der letzte Samstag im Juni, die Bezeichnung der Parade lautet im englischen Sprachraum bis heute Gay Pride, wohingegen sich in Deutschland Christopher Street Day durchgesetzt hat.
Analog zur englischen Vokabel „gay“ bezeichnete in den 1970er Jahren „schwul“ nicht nur männliche Homosexuelle, sondern meinte alle Menschen, die sich heute LSBTTIQ-People (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, transsexuell, intersexuell, queer) oder Regenbogen-Community nennen. Die bewusste Verwendung des negativ geprägten Wortes schwul drückte in den 1970/80er Jahren das neue Selbstbewusstsein aus.
Zum zehnten Jahrestag des Aufstands organisierten 1979 schwule Gruppen in Berlin, Köln, Bremen und Stuttgart erstmals in Deutschland Veranstaltungen, die am 30. Juni 1979 stattfanden. Die Bezeichnung variierte damals noch. So verwendete man in Stuttgart die Begriffe „Gay Freedom Day“ oder „Homobefreiungstag“, in Bremen dagegen „Gay Pride International“.
In Stuttgart organisierte das Gay Freedom Day Komitee Stuttgart innerhalb der Initiativgruppe Homosexualität Stuttgart (IHS) die verschiedenen Veranstaltungen: Von 10 bis 14 Uhr gab es zwei Informationsstände in der Innenstadt, nämlich in der Königstraße, Ecke Kronenstraße, und in der Kronprinzenstraße, Ecke Büchsenstraße. Um 11.30 Uhr startete der Demonstrationszug in der Thouretstraße und führte über die Königstraße zum Schillerplatz, wo die abschließende Kundgebung stattfand. Auf der Treppe des Königsbaus wurde ein Zwischenstopp eingelegt. Das abendliche Fest fand in der Thomas-Münzer-Scheuer in Hohenheim statt. Als Kulturprogramm zeigte das Kino Lupe 2 den damals aktuellen Film von Rosa von Praunheim „Armee der Liebenden oder Aufstand der Perversen“, einen Dokumentarfilm über die Homosexuellenbewegung in den USA. An der Demonstration nahmen 300 bis 400 Menschen aus dem süddeutschen Raum teil.
Auf den Transparenten war „Heterosexualität weg! Schwul in die 80-er Jahre“, „Wir sind normal, wir sind schwul“ oder „Nicht der Schwule ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ zu lesen. Damit wurde Bezug genommen auf den 1970 von Rosa von Praunheim gedrehten Film, der erstmals 1971 auf der Berlinale lief. Im Januar 1972 zeigte der WDR als Auftraggeber den Film im Spätprogramm, ein Jahr später die ARD. Der Bayerische Rundfunk schaltete sich aus dem Programm aus, was dem Film noch mehr Aufmerksamkeit brachte. Die angestoßene Diskussion führte zur Politisierung zahlreicher Homosexueller und zur Gründung vieler Schwuleninitiativen. Die ebenfalls 1972 gegründete IHS war eine von bundesweit 70 politisch aktiven Gruppen, die sich 1973 für die Streichung des § 175 einsetzten und beispielsweise im Mai 1973 auf der Königstraße Unterschriften sammelten.
Erstaunlich war die vorausgehende Berichterstattung zum Gay Freedom Day in den Stuttgarter Nachrichten, in der offensiv auf die Diskriminierung homosexueller Menschen hingewiesen wurde. Außerdem wurde die fehlende Wiedergutmachung für die Überlebenden der Konzentrationslager klar angesprochen. Diese blieb aus, da nicht die Gesetzgebung der Nationalsozialisten, sondern ein Straftatbestand zur Inhaftierung geführt hatte. Es handelt sich hier um den § 175 des Strafgesetzbuches, der 1872 im Reichsstrafgesetzbuch eingeführt worden war und sexuelle Handlungen zwischen Männern oder zwischen Menschen und Tieren unter Strafe stellte. Der § 175 wurde in der Bundesrepublik Deutschland erstmals 1969 überarbeitet und stellte sexuelle Handlungen zwischen Männern über 21 Jahren straffrei, 1973 wurde das Alter auf 18 Jahre herabgesetzt. Während in der DDR schon 1988 die auf die Verfolgung der Homosexualität zielenden strafrechtlichen Maßnahmen ersatzlos gestrichen wurden, dauerte es hierzu nach der Wiedervereinigung in der Bundesrepublik bis zum 11. Juni 1994. 2002 beschloss der Bundestag ein Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile und rehabilitierte endlich die Opfer. Erst 2017 folgte ein Gesetz über die Aufhebung der Urteile gemäß § 175 nach 1945, allerdings nur, wenn die Sexualpartner der Verurteilten über 16 Jahre alt waren. Das allgemeine Schutzalter beträgt dagegen 14 Jahre, sodass auch heute die Gleichstellung noch nicht erreicht ist.
Auch die nachträgliche Medienresonanz war bemerkenswert. In den Stuttgarter Nachrichten wurde das Foto einer demonstrierenden Mutter abgedruckt, die ein Schild mit der Aufschrift „Mein Sohn ist schwul! Na und!“ hochhält. Der Süddeutsche Rundfunk war zu Filmaufnahmen vor Ort und sendete in der Abendschau am 3. Juli 1979 einen dreieinhalbminütigen wohlwollenden Bericht. In der LSBTTIQ-Community wurde der Gay Freedom Day als großer Schritt empfunden, denn die bewusst gesuchte Öffentlichkeit stärkte auch den internen Zusammenhalt.
Nach 1979 fand der CSD zunächst unregelmäßig statt, seit 2000 jährlich. Für die Durchführung, die inzwischen auch ein umfangreiches mehrtägiges Kulturprogramm beinhaltet, gründete sich 2001 die IG CSD Stuttgart e.V. Seit 2009 beginnt das Kulturfest mit einem Empfang im Stuttgarter Rathaus, seit 2014 sind eigene Gruppen der Landeshauptstadt Stuttgart und zunehmend auch von großen Unternehmen aktiv an der Parade beteiligt. Die immer wieder stattfindenden Diskussionen um die jährlich wechselnde Schirmherrschaft belegen die politische und gesellschaftliche Relevanz des CSD.