Das Alte Schloss im Zentrum Stuttgarts diente rund 400 Jahre als Sitz des württembergischen Herrscherhauses. Heute beherbergt es die umfangreichen Sammlungen des Landesmuseums Württemberg.

Das Alte Schloss im Zentrum Stuttgarts geht auf eine Wasserburg aus dem 10. Jahrhundert zurück. Diese war wahrscheinlich zunächst zum Schutz eines nahe gelegenen Gestüts erbaut worden, das dann als „Stutengarten“ Namensgeber für die spätere Stadt gewesen sein soll. Die Burg erhielt größere Bedeutung, als Graf Eberhard I. von Württemberg (1265-1325) das Stift mit der Grablege seiner Ahnen von Beutelsbach hierher verlegte und damit die Entwicklung Stuttgarts zur Residenz einleitete.

Im Zuge dessen entstand um 1300 der sogenannte „Dürnitzbau“, dessen Name sich vom hier untergebrachten beheizbaren Versammlungs- und Speisesaal herleitet. Der am heutigen Karlsplatz gelegene, fast 60 Meter lange Baukörper beinhaltet die ältesten erhaltenen Teile des Schlosses. Er war ursprünglich von einem Wassergraben sowie einer massiven, etwa 3,70 Meter dicken Ringmauer von beachtlichen Ausmaßen umgeben. Die Grafen, ab 1495 Herzöge von Württemberg, schufen sich mit der Stuttgarter Burg einen repräsentativen und zugleich wehrhaften Sitz.

Unter Herzog Christoph (1515-1568) und seinem Baumeister Alberlin Tretsch begann ab 1553 die größte Umbauphase, die bis heute das Erscheinungsbild des Schlosses prägt. Vom Dürnitzbau blieben einzig der sechs Meter hohe Gewölbekeller sowie das Erdgeschoss mit seinem mittelalterlichen Saal bestehen. Die darüber wohl in Fachwerk ausgeführten Geschosse ließ der Herrscher durch zwei gemauerte Etagen ersetzen, die im ersten Stock seine eigenen Gemächer sowie einen Rittersaal beherbergten. Im zweiten Stock fanden die Räumlichkeiten seiner Frau Anna Maria von Brandenburg-Ansbach sowie die seiner Kinder ihren Platz.

Der rektanguläre Baukörper wurde zudem ab 1557 durch angrenzende Flügel zu einem Vierseitbau mit Innenhof erweitert. Der Nordflügel nahm die Küchen- und Baderäume sowie im ersten Geschoss einen Tanzsaal auf. Durch den dortigen, noch heute erhaltenen Durchgang gelangte man über eine Zugbrücke in den angrenzenden Lustgarten, der neben Pflanzen und Tieren auch Anlagen für Wettbewerbe und körperliche Ertüchtigung enthielt.

Der Südflügel des Schlosses blieb der Einrichtung einer Schlosskirche vorbehalten, die am 11. Dezember 1562 geweiht werden konnte. Es handelte sich dabei um den ersten protestantischen Kirchenbau Württembergs. Sein Innenraum war den Erfordernissen eines Predigtgottesdienstes angepasst. Der Raum erhielt dafür an der südlichen Längsseite eine Apsis, die den Altar und davor die Kanzel aufnahm. Das Gestühl im Längsraum sowie auf der Empore war um dieses Zentrum gruppiert. Das heutige Erscheinungsbild entspricht weitestgehend einer Überarbeitung aus dem 19. Jahrhundert.

Im Westen – der Dürnitz gegenüber – befindet sich der Schlossflügel mit dem Hauptportal, welches bis heute von den Wappen des Herzogpaares bekrönt wird. In diesem Flügel hatten auch die Wachen ihre Kammer. Ebenfalls dort untergebracht waren die Hofapotheke sowie weitere Wohn- und Nutzräume. Die Giebelpartie dieses Flügels wurde auf Höhe des zweiten Stocks unterbrochen, um den Blick vom dahinter liegenden Dürnitzbau auf den Schlossplatz - den heutigen Schillerplatz - zu ermöglichen.

Während die äußeren Fassaden des Schlosses weitgehend schmucklos und blockhaft ausgebildet sind, wurde der Innenhof aufwendiger gestaltet. So ersetzte der Baumeister Blasius Berwart 1560 die dortige Wendeltreppe, die zunächst die Geschosse des Dürnitzbaus miteinander verbunden hatte, durch eine aufwendige Reitertreppe. Diesen sowohl zu Fuß als auch zu Pferde benutzbaren Aufgang hatte Herzog Christoph am Bischofsschloss in Dillingen bewundert und ließ ihn nun leicht abgewandelt an seiner Residenz nachbauen. Ein weiteres besonderes Element des Innenhofs sind die Arkadengänge, die sich über drei Stockwerke der neu errichteten Flügel ziehen. Die einst bemalten Gänge mit ihren Kreuzrippengewölben und korinthisierenden Säulen dienten sowohl zur Erschließung der Innenräume als auch als Zuschauergalerien bei Festlichkeiten oder dem Empfang hoher Gäste. So kam dem Innenhof eine wichtige Funktion im höfischen Zeremoniell zu.

Von der einst prachtvollen Inneneinrichtung des Schlosses hat sich fast nichts erhalten. Aus den Hofrechnungen wird jedoch ersichtlich, dass der Herzog Schreiner, Maler und Bildwirker aus verschiedenen Handelszentren wie Augsburg, Nürnberg oder Brüssel engagiert hatte, sodass von einer einst reichen und zeitgemäßen Ausstattung ausgegangen werden kann.

Sein Nachfolger Herzog Ludwig von Württemberg (1554-1593) konzentrierte seine Baubemühungen auf die umliegenden Gärten und die Errichtung des Neuen Lusthauses. 1593 im Bereich des heutigen Kunstgebäudes am Schlossplatz fertiggestellt, diente es bis ins 19. Jahrhundert als Festsaal. Am Alten Schloss sind Herzog Ludwig die zwei massiven Türme in Richtung des Karlsplatzes zuzurechnen. Zur statischen Sicherung des Dürnitzbaus ließ er den nordöstlichen Turm aufstocken und zusätzlich den südöstlichen Turm errichten.

Im 17. Jahrhundert wurden – bis auf den Bau des dritten Turms an der südwestlichen Ecke – hauptsächlich Modernisierungsmaßnahmen im Innern des Schlosses durchgeführt. Die nachfolgenden württembergischen Herrscher waren bemüht, das Renaissanceschloss nach und nach den barocken Vorstellungen und Erfordernissen des Hofzeremoniells anzupassen. Da sich die Räumlichkeiten aber nur bedingt dafür eigneten, war das Schloss im 18. Jahrhundert von einem stetigen Bedeutungsverlust gekennzeichnet, der mit der zeitweisen Verlegung der Residenz nach Ludwigsburg im Jahr 1717 begann. Auch nach der Rückverlegung nach Stuttgart rund 15 Jahre später spielte das Alte Schloss nur noch eine untergeordnete Rolle. Auch wenn Herzog Karl Eugen (1728-1793) das Schloss noch einmal modernisieren ließ, zog er doch bald seinen Neubau im ehemaligen Stuttgarter Lustgarten vor.

Das Alte Schloss diente von da an als eine Art Nebengebäude zum Neuen Schloss und nahm die Hofverwaltung und Bedienstete auf, ebenso wie das vom Herzog gegründete Erziehungsinstitut „Ecole des Demoiselles“ für adlige und bürgerliche Mädchen. Erst 1777 wurde der umgebende Graben rund um das Alte Schloss verfüllt und die Brücken abgebrochen.

Während in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter König Wilhelm I. (1781-1864) noch erwogen wurde, den Bau vollständig abbrechen zu lassen, gab Wilhelm II. (1848-1918) dem Schloss durch eine museale Nutzung ab 1899 eine neue Bestimmung. Zu Beginn waren es die Bestände des neu gegründeten Armeemuseums sowie die Familiengalerie in der Dürnitz, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Ab 1928 kam dann auch die Kunst- und Altertümersammlung hinzu.

Weitere Planungen wurden allerdings durch den verheerenden Schlossbrand im Winter 1931 verhindert, bei dem der Dürnitzbau mit seinen Türmen fast vollständig ausbrannte. Doch bereits zwei Jahre später konnte durch Bürgerspenden mit dem Wiederaufbau begonnen werden. Die Arbeiten übernahm der Architekt Paul Schmitthenner, der in seinen umstrittenen Entwürfen eher einen Museumsneubau anstrebte, der die alten Strukturen nur bedingt miteinbezog. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war der Außenbau abgeschlossen, der Innenraum aber noch im Rohbauzustand.

Doch bereits am 26. Juli 1944 zerstörten Fliegerbomben das gesamte Alte Schloss. Sowohl der Dürnitzbau als auch die Flügel zur Planie und zum Schillerplatz wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen. Einzig der Schlosskirchenflügel mit seiner Überarbeitung aus dem 19. Jahrhundert blieb weitgehend erhalten.

Auch nach dieser Zerstörung war es den Stuttgarter Bürgern zu verdanken, dass das Schloss nicht abgebrochen, sondern seine Wiedererrichtung in Angriff genommen wurde; die Bauarbeiten mit dem Ziel einer musealen Nutzung dauerten jedoch mehrere Jahrzehnte.

1971 konnte die erste Dauerausstellung eröffnet werden. Bis heute sind im Alten Schloss die Sammlungen des Landesmuseums Württemberg zu sehen, welche die Landesgeschichte von der Steinzeit bis ins 19. Jahrhundert im Königreich Württemberg umfassen. Im Dürnitzbau wurde zudem eine Erinnerungsstätte an den am 20. Juli 1944 hingerichteten deutschen Widerstandskämpfer Claus Graf Stauffenberg eingerichtet. Ihr Eingang liegt auf der Seite des Karlsplatzes.

Jährlich besuchen rund 300.000 Menschen dieses Wahrzeichen Stuttgarts und Württembergs.

Text: Alma-Mara Brandenburg
Schlagwort: Stuttgart-Mitte
Quellenhinweise:

HStA Stuttgart, Landschreibereirechnungen A 256 Bd 44, fol. 396r.

Literaturhinweise:

Alma-Mara Brandenburg, Die Gemächer des Herzogs, in: Christoph 1515-1568. Ein Renaissancefürst im Zeitalter der Reformation, Ulm 2015, S. 121-134.
Walter-Gerd Fleck, Stuttgart, Altes Schloss, Schlosskirche, in: Burg- und Schlosskapellen, hg. von Barbara Schock-Werner, Stuttgart 1995, S. 138-143.
Annegret Kotzurek, Kleine Geschichte des Alten Schlosses in Stuttgart, Leinfelden-Echterdingen 2003.
Delia Scheffer, Verteidigung und Repräsentation, in: Christoph 1515-1568. Ein Renaissancefürst im Zeitalter der Reformation, Ulm 2015, S. 107-120.
Nicolai Ziegler, Zwischen Form und Konstruktion. Das Neue Lusthaus zu Stuttgart, Ostfildern 2016.
https://www.landesmuseum-stuttgart.de/ueber-uns/

GND-Identifier: 4126920-2
Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Alma-Mara Brandenburg, Altes Schloss, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/494409b5-5cb7-420d-a75d-23d53ac9119a/Altes_Schloss.html