Stuttgart ist seit dem 14. Jahrhundert Prägeort landesherrlicher Münzen. Der heutigen Staatlichen Münze in Bad Cannstatt gingen verschiedene andere Standorte voraus, deren ältester sich in der jetzigen Bärenstraße befand.

Die eigenständige Münzgeschichte der Grafschaft Württemberg begann am 17. Januar 1374, als Graf Eberhard II. der Greiner von Kaiser Karl IV. das Recht erteilt bekam, Münzen schlagen zu lassen. Es handelte sich dabei um die weitverbreiteten Heller mit Hand und Kreuz, so wie sie seit dem Ende des 12. Jahrhunderts in der königlichen Münzstätte Schwäbisch Hall geprägt wurden. Nur trugen sie zur Kennzeichnung ihrer Herkunft als Beizeichen zusätzlich eine liegende Hirschstange.

Als älteste Münze Stuttgarts gilt das Gebäude in der Engen Straße 6, heute Bärenstraße. Hier wurde bis 1450 geprägt. Ein Foto, das unmittelbar nach dem Abbruch der alten Gemüsehalle und vor dem Bau der neuen Markthalle im Jahr 1912 aufgenommen werden konnte, zeigt das Münzgebäude. Zwischen 1450 und 1724 war die Münze in dem Haus in der Alten Münz-Gasse, der heutigen Turmstraße 2, untergebracht. Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart hat sich eine kleine Skizze des Erdgeschosses erhalten. Sie gibt eine gute Vorstellung von dem nur 56 Schuh, also 16 Meter langen und 5 Meter breiten L-förmig angelegten Gebäude. Ganz rechts befand sich die Gießhütte, der sich die Räume mit dem Glühofen, der Schmiede und der Kohlenkammer anschlossen. Es folgten das Treppenhaus und die Probierkammer. Der von einer Mauer eingefasste Hof ist auf einem Foto um 1930 noch deutlich zu erkennen.

Einem Bericht des herzoglichen Baumeisters Heinrich Schickhardt vom 13. Juni 1622 zufolge genügte das Münzgebäude den ständig steigenden Anforderungen nicht länger, da die Beleuchtung zu schlecht und die Räumlichkeiten so eng waren, dass nicht einmal alle benötigten Arbeiter untergebracht werden konnten. Deshalb schlug Schickhardt den Bau eines neuen modernen Münzgebäudes vor. Herzog Johann Friedrich entschloss sich daraufhin für den Bau einer zusätzlichen Münze in Stuttgart-Berg, mit deren Errichtung schon im kommenden Monat begonnen wurde.

Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges setzte in großen Teilen Deutschlands eine rasch fortschreitende Münzverschlechterung ein, die in der „Großen Kipper- und Wipperzeit“ der Jahre 1622/23 ihren Höhepunkt fand. Auch Herzog Johann Friedrich beteiligte sich ausgiebig an diesem lohnenden Geschäft, weshalb für die in seinem Auftrag betriebene Massenprägung von unterwertigem „Kippergeld“ die Münze in Stuttgart bald nicht mehr ausreichte. Deshalb richtete man rasch hintereinander neben der kleinen Münze in der Alten Münz-Gasse 2 drei weitere Münzstätten in Tübingen, Christophstal bei Freudenstadt und in Stuttgart-Berg ein, so dass es in dieser Zeit in Württemberg zeitweise vier Münzstätten gab.

Für die Berger Münze wurde am 17. Juli 1622 im Beisein des Herzogs der Grundstein neben der Sägemühle, in der sich das ein Jahr zuvor eingerichtete Streckwerk befand, gelegt. Deren genauen Standort zeigt der 1773 von Johann Ludwig Roth angefertigte Plan von Berg. Dank der erhalten gebliebenen Pläne des herzoglichen Baumeisters Heinrich Schickhardt erhält man eine gute Vorstellung, wie die neue Münze ausgesehen hat. Der Bau hatte eine Länge von 27,5 Meter und einer Breite von 24,6 Meter. Besonders interessant ist der Plan des Erdgeschosses. Gleich rechts neben der breiten Toreinfahrt lagen die Silberkammer sowie die Probierstube. Das Eckzimmer beherbergte die Gießerei. Die gegossenen Zaine, also Stangenrohlinge, mussten von hier aus in das benachbarte Sägewerk zur weiteren Umformung gebracht werden, in der sich das ein Jahr zuvor errichtete Streckwerk befand. Es folgte ein Raum mit dem Glühofen, in dem die Schrötlinge für das Prägen weich gemacht wurden, und die beiden Prägestuben.

Spätestens 1634, als nach der Schlacht bei Nördlingen der Dreißigjährige Krieg mit seinen verheerenden Folgen auch über Württemberg hereinbrach, endete der Münzbetrieb in Berg. Als dann Herzog Eberhard III. nach mehrjährigem Aufenthalt im Ausland sein Land wieder in Besitz nahm, wurde die kleine Münze in der Turmstraße 2 wieder in Betrieb genommen. Sie reichte für die im Rahmen der noch gültigen 3. Reichsmünzverordnung von 1559 und des Reichsabschieds von 1566 vorgenommenen Ausmünzungen vollkommen aus.

1724 verlegte man die Münze für zwölf Jahre in das aus dem 15. Jahrhundert stammende gegenüberliegende Gebäude Turmstraße Nr. 1. Auch die Münzmeisterwohnung befand sich dort. Die Gründe für diesen Wechsel sind jedoch nicht bekannt. Unter Herzog Karl Alexander wurde das unter seinem Vorgänger Eberhard Ludwig begonnene einträgliche Geschäft der Ausprägung der Karolin- sowie 30-Kreuzer-Stücke in großem Umfang fortgesetzt. Daher wundert es nicht, dass die Münze erneut verlegt werden musste, damit man die massenhaften Prägungen bewerkstelligen konnte. Leiter der finanzpolitischen Unternehmungen und damit auch der Münzprägung war der gleichsam zum Finanzminister aufgestiegene Hoffaktor Josef Süß Oppenheimer. Neuer Standort wurde jetzt das sogenannte Bergratsgebäude am Dorotheenplatz, das Josef Süß Oppenheimer gehörte und an das sich die Münzwerkstatt anschloss.

In den ersten Jahren der Regierung unter König Wilhelm I. bewegte sich die Münzprägung im herkömmlichen Rahmen. Geprägt wurden Dukaten, Kronen- und Konventionstaler gewissermaßen als Repräsentationsgepräge sowie die gewohnten Kleingeldnominale für insgesamt 300.000 Gulden. Nach Beendigung dieser Ausprägung stellte man fest, dass statt eines erwarteten Gewinns ein Verlust entstanden war. Die Erfahrungen zeigten, dass der gesamte Münzbetrieb neu organisiert und die Münzeinrichtungen verbessert werden mussten. Deshalb wurde eine Kommission eingesetzt und der Münzbetrieb für vier Jahre stillgelegt. Erst im Juni 1823 konnte die Arbeit wiederaufgenommen werden.

Die auf der Grundlage des deutschen Zollvereins von 1833 zustande gekommenen Münzverträge von München und Dresden machten die Anschaffung von leistungsstarken Prägemaschinen und eines modernen Münzgebäudes notwendig. Denn nur so war es möglich, die nun beginnende Massenproduktion zu bewältigen. Das neue Münzgebäude, mit dessen Bau unter der Leitung von Oberbaurat Friedrich Bernhard Adam von Groß 1842 begonnen wurde, konnte zwei Jahre später eingeweiht werden. Die Baukosten waren mit 71.000 Gulden veranschlagt, wobei die Investitionen in die benötigten Maschinen, unter anderem eine Dampfmaschine, die landesherrliche Münzkasse ebenso belasteten wie das laufend benötigte Edelmetall und die Arbeitslöhne. Das dreistöckige Hauptgebäude im neuromanischen Stil hatte eine Länge von 150 Fuß (43 Meter). Das Laboratorium, die Probieröfen und Prägemaschinen waren im Keller- und Erdgeschoss sowie im 110 Fuß (31,5 Meter) langen Rückbau untergebracht. Der zweite Stock war dem „Bergrats-Collegium“ vorbehalten und der dritte für Wohn- und Kanzleizimmer bestimmt. Die neue Münze hatte mit den zweistöckigen Nebengebäuden, die über Torbögen mit dem Hauptgebäude verbunden waren, eine Gesamtlänge von 250 Fuß, also 71,5 Meter.

Ein Plan der Münze von 1872 zeigt die Lage des Gebäudes an der Neckarstraße 19 mit den beiden Wohngebäuden 17 und 21. Es grenzte an den Lustgarten sowie den Gemüsegarten und den Nesenbach. Anlässlich des Besuchs des Königs am 27. November 1844 prägte man Gedenkmünzen aus Silber und Gold. Die Rückseite zeigt das Haupt- und die Nebengebäude der neuen Münze.

Erst elf Jahre nach der Fertigstellung der neuen Münze entschloss man sich, das Streckwerk, das sich nach wie vor in Stuttgart-Berg befand, in die Neckarstraße zu verlegen. Obwohl man schon beim Bau der neuen Münze einen Raum dafür vorgesehen hatte, wartete man mit der Verlegung des noch mit Wasserkraft betriebenen Streckwerks in Berg, bis man für diesen Standort eine nützliche Verwendung fand. Das neue Streckwerk und die Prägemaschinen wurden jetzt mit Dampfmaschinen von 8 bis 12 PS angetrieben. Die Kosten für die Anlage beliefen sich auf 13.019 Gulden.

Schon 30 Jahre nach der Inbetriebnahme reichte die Kapazität des Münzgebäudes aufgrund der Gründung des Kaiserreichs im Jahre 1871 und der damit zusammenhängenden Prägung der Reichsmünzen nicht mehr aus und ein zweistöckiger Anbau wurde nötig. Der gesamte Komplex wurde am 21. Februar 1944 durch einen Bombenangriff schwer beschädigt.

Nach dem provisorischen Wiederaufbau konnte 1949 schon wieder mit der Prägung begonnen werden. Während der Anbau von 1875 erhalten werden konnte, wurde auf eine Wiederherstellung der beiden oberen Stockwerke und der beiden Wohnbauten verzichtet. Mit der Einweihung der größten deutschen Münzprägeanstalt am 27. Oktober 1967 auf dem Gelände der ehemaligen Taubenheim-Kaserne in Bad Cannstatt hatte das Münzgebäude an der Ecke Schiller- und Adenauerstraße ausgedient. Es wurde Anfang Februar 1968 abgebrochen, da ein Teil des Grundstücks für die Verbreiterung der Adenauerstraße und den Weiterbau der U-Straßenbahn benötigt wurde.

In der Staatliche Münze Stuttgart, heute Staatliche Münzen Baden-Württemberg Standort Stuttgart, werden aktuell 38 % aller Umlaufmünzen in Deutschland geprägt. Hinzu kommen Gedenkmünzen, die ebenfalls anteilig geprägt werden, sowie pro Jahr eine 10-Euro-Gedenkmünze, die nur von der Staatlichen Münze Stuttgart ausgegeben wird. Das Prägezeichen ist ein „F“. Insgesamt werden von 63 Mitarbeitern bis zu zwei Millionen Münzen pro Tag produziert.

Text: Albert Raff
Schlagwort: Stuttgart-Mitte
Quellenhinweise:

Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 57 Bü 21.
Hauptstaatsarchiv Stuttgart E 14, Bd. 1875, 1876.

Literaturhinweise:

Julius Ebner, Württembergische Münz- und Medaillenkunde von Christian Binder, neu bearbeitet von Julius Ebner, Bd. 1, Stuttgart 1910.
Karl Pfaff, Geschichte des Münzwesens in Württemberg in seiner Verbindung mit dem schwäbischen und Reichsmünzwesen, in: Württembergische Jahrbücher für vaterländische Geschichte, Geographie, Statistik und Topographie, Jahrgang 1858, zweites Heft, Stuttgart 1860, S. 44-207, hier S. 189.
Albert Raff, Die Münzstätte Stuttgart-Berg während der Kipperzeit 1621-1623, in: Der Münzen und Medaillensammler, Berichte 2, Nr. 139, S. 1923-1943.

Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Albert Raff, Staatliche Münze, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/448081b4-0dbe-42a9-afe6-8cbba7634e0a/Staatliche_Muenze.html