Der Verleger Julius Hoffmann jun. stammte aus einer alteingesessenen Stuttgarter Verlegerfamilie. Im Julius Hoffmann Verlag publizierte er zwischen 1894 und 1932 einflussreiche Zeitschriften und Bücher über Architektur, Kunstgewerbe und Kunstgeschichte und begleitete damit den Stilwandel von Historismus über Jugendstil und Stuttgarter Schule bis Bauhaus.

Julius Hoffmann jun. wurde am 18. Januar 1864 als Sohn des Verlegers Julius Hoffmann sen. (1833-1904) in Stuttgart geboren. Sein Vater, Besitzer des K. Thienemanns Verlag, gab naturwissenschaftliche Werke sowie Kinder- und Jugendbücher heraus. Sein Großvater Carl Hoffmann (1802-1883) gilt als einer der „Stammväter“ des Stuttgarter Buchhandels. Julius Hoffmann jun. wuchs in der Rotebühlstraße in einer Wohnung über dem väterlichen Verlag auf, nur wenige Häuser entfernt von der großväterlichen Verlagsbuchhandlung, Buchdruckerei und lithografischen Anstalt sowie in der Nachbarschaft weiterer Buchhandelsfirmen. Er hatte drei jüngere Geschwister; Heinrich wurde Buchhändler und Robert Kunstmaler. Seine Schwester Elisabeth heiratete 1902 den Architekten Alfred Eitel.

Nach Buchhändlerlehre und Militärdienst studierte Julius Hoffmann jun. Philosophie und Kunst in London, Paris und Berlin. Er nutzte diese Aufenthalte auch, um im dortigen Verlagsbuchhandel zu arbeiten. Diese Erfahrungen und Kontakte kamen ihm später bei der internationalen Ausrichtung seiner verlegerischen Arbeit zugute. 1894 kehrte er nach Stuttgart zurück, heiratete Elisabeth, geb. Ott, und wurde Teilhaber im Julius Hoffmann Verlag. Sein Vater hatte dieses Unternehmen am 1. Juli 1885 gegründet, nachdem er die Leitung des K. Thienemanns Verlag mitsamt der Jugendbücher-Sparte an seine Vettern Franz und Anton Hoffmann abgegeben hatte. Während der gemeinsamen Verlagsjahre von Vater und Sohn entstand unter anderem die Zeitschrift „Dekorative Vorbilder: farbige Meisterwerke aus alter und neuer Zeit“ (1890-1928), eine fortlaufende Vorlagen-Sammlung für Maler, Grafiker, Bildhauer und Architekten.

Am 1. Januar 1899 trat der Vater aus der Firma aus und übertrug die naturwissenschaftlichen Titel in seinen neu gegründeten Verlag für Naturkunde. Julius Hoffmann jun. führte fortan den Verlag mit den verbliebenen kunstgewerblichen Titeln als Alleininhaber weiter und baute das Verlagsprogramm in den Bereichen Architektur, Kunstgewerbe und Kunstgeschichte aus.

Ab 1899 gab er die Monatszeitschrift „Der Moderne Stil“ (1899-1905) heraus. Julius Hoffmann realisierte hier eine neuartige Konzeption, die sich am Innovationsanspruch des Jugendstils orientierte. Es sollte eine internationale Rundschau der interessantesten kunstgewerblichen Entwürfe und Objekte von Jugendstilkünstlern sein. Hoffmann wählte diejenigen Möbel, Schmuckstücke, Vasen, Tapetenmuster oder Buchumschläge aus, die seiner Ansicht nach Kunsthandwerkern und Grafikern Anregungen zur Schaffung eigener individueller Kreationen liefern konnten. Dazu sichtete er zahlreiche internationale Fachzeitschriften, Ausstellungs- und Warenkataloge, v.a. aus Frankreich, England, aber auch Russland, Dänemark, Ungarn und Tschechien. Der Verleger reagierte damit zugleich auf das um die Jahrhundertwende wachsende Interesse eines breiteren Publikums an der kunstgewerblichen „Kleinkunst“.

Hoffmann wollte auch sein lokales Stuttgarter Umfeld für den neuen Stil begeistern. So vermittelte er zum Beispiel 1899/1900 eine internationale Buchausstellung an das Landesgewerbemuseum, auf der auch moderne illustrierte Jugendstil-Kunstzeitschriften wie „Pan“, „Jugend“ und „Ver sacrum“ präsentiert wurden. Der Schwäbische Merkur fragte hier noch skeptisch, wo denn in Deutschland die Leute seien, die so viel Geld für solche Kunstbücher anlegten. Doch nur wenige Jahre später, 1907, wurde von der Süddeutschen Buchhändlermesse in Stuttgart erfreut vom guten Geschmack des (bürgerlichen) Publikums berichtet, das immer mehr künstlerisch wertvolle Werke erwerbe. In dieser Zeit war Julius Hoffmann auch im Württembergischen Kunstgewerbeverein Stuttgart aktiv, saß im Vorstand und organisierte vereinsinterne Ausstellungen.

Mit einem Werk des britischen Kunsthistorikers Walter Armstrong startete 1909 die monografische Reihe „Ars una species mille“. Jeder Band stellte die Kunstgeschichte eines Landes vor und wurde gleichzeitig in Kooperation mit Landesverlagen in England, Frankreich, Italien, Spanien und Amerika herausgebracht.

Im Programmbereich Architektur gelang es dem Verleger früh, zwei fortlaufende Titel auf den Weg zu bringen, die mehrere Jahrzehnte erfolgreich waren und für Fachleute, Künstler und interessierte Laien gleichermaßen konzipiert waren. Für einen großen Teil dieser Publikationen wurden gleichzeitig englische und französische Übersetzungen angeboten. 1901 gründete Julius Hoffmann die Zeitschrift „Moderne Bauformen“ (1901-1944), anfangs eine Art Sammelmappe mit handkolorierten Entwürfen von Fassaden und Interieurs, die sich zur breit angelegten Monatsschrift entwickelte. Ab dem dritten Jahrgang gab es Textbeiträge über internationales, aber auch regionales Bauwesen, Architektenporträts oder Beschreibungen einzelner Bauprojekte – vom Altenheim in Stuttgart bis zu amerikanischen Landhäusern. Abbildungen, zunehmend in Farbe, blieben stets wichtiges Merkmal der Hefte. Die Zeitschrift wurde anfangs von Julius Hoffmann selbst herausgegeben. Später folgten mit Casimir Hermann Baer, Max Joseph Gradl oder Paul Klopfer profilierte Architekten, Bauhistoriker und Schmuckdesigner, die international arbeiteten, aber damals einige Jahre in Stuttgart lebten. 1909 folgte die bis Ende 1942 auf 30 Bände anwachsende Buchreihe „Bauformen-Bibliothek“, die Baustile und Inneneinrichtungen verschiedener Länder aus allen Zeiten in Einzeldarstellungen vorstellte.

1910 stieg der Stuttgarter Buchhändler Heinrich Jacobs als Teilhaber in den Verlag ein; möglicherweise ließen sich so die erheblichen Investitionen in die hochwertig produzierten Buch- und Zeitschriftenreihen besser finanzieren. Julius Hoffmann legte großen Wert auf eine hohe Qualität seiner Verlagserzeugnisse und ließ aufwendige Titelblätter entwerfen. Er sei, hieß es später über ihn, auf diese Weise zu einem Miterzieher des grafischen Gewerbes seiner Vaterstadt geworden. Seine Bücher, für deren Ausstattung er immer wieder Medaillen gewann, präsentierte er auf Ausstellungen und Wirtschaftsmessen im In- und Ausland. 1916 war Hoffmann Gründungs- und Vorstandsmitglied der Stuttgarter Verlegervereinigung, die zur Pflege des Ansehens und der Bedeutung Stuttgarts als Verlagsstadt gegründet wurde.

Die Jahre des Ersten Weltkriegs überstand der Verlag trotz Papiermangels und schlechter Druckmöglichkeiten relativ gut dank der fortlaufenden Kriegspublikation „Der Völkerkrieg“ und Dauerverkaufstiteln wie dem seit 1880 erscheinenden „Haushaltungsbuch“. Auch über die nachfolgende Inflationszeit kam der Verlag hinweg, gestützt u. a. auf seine Zeitschrift „Moderne Bauformen“. 1921 kam Herbert Hoffmann (1891-1950) als dritter Teilhaber in das Unternehmen, ein Vetter zweiten Grades von Julius Hoffmann.

Die Bedeutung des Hoffmann'schen Architektur-Programms wuchs, als in der Weimarer Republik angesichts rasch wachsender Großstädte Fragen des Städtebaus und modernen Wohnens eine hohe Relevanz erhielten. Die „Modernen Bauformen“ griffen dies auf und zeigten Beispiele für lebensfreundliches, qualitätsorientiertes Bauen im Stadtraum. Dabei wurde die ganze Breite internationaler Architekturstile dokumentiert. Hinzu kamen die Themen Industriedesign, Möbelbau und Gartenkunst. Mit einer Auflage von 14.000 Exemplaren war es um 1930 die größte deutsche Monatsschrift für Architektur. Aus der Reihe „Bauformen-Bibliothek“ erreichte vor allem der gleichzeitig auf Englisch erscheinende Titel „Die neue Baukunst in Europa und Amerika“ (1929) des Architekten Bruno Taut internationale Wirksamkeit.

Ab 1927 wurde das Architektur-Verlagsprogramm durch die kartonierte Reihe „Die Baubücher“ ergänzt (16 Bände, bis 1948). Die sparsamere Ausstattung der schmalen Bände, die dennoch Abbildungen von hoher Qualität boten, wurde wegen der Wirtschaftskrise gewählt. Der Auftaktband „Wie baut Amerika?“ (1927) des Architekten Richard J. Neutra beeinflusste die internationale Architekturdebatte stark. Auch die Bücher von Ludwig Hilbersheimer, einer der Architekten der Weißenhofsiedlung, fanden große Resonanz, darunter sein Band „Internationale neue Baukunst“. Es folgten vom selben Autor „Großstadt-Architektur“ (1927) und „Beton als Gestalter“ (1928, zusammen mit Julius Vischer). Der Architekt, Möbelbauer und Professor der Kunstgewerbeschule Adolf Schneck steuerte im Bereich Innenarchitektur mehrere Bände bei. Den Auftakt bildete 1928 „Der Stuhl“, der auf die gleichnamige Ausstellung in Stuttgart folgte. Die Hinwendung zum „Neuen Bauen“ im Verlagsprogramm ging vor allem auf Herbert Hoffmann zurück.

Die persönlichen Architektur-Präferenzen von Julius Hoffmann lagen wohl bei weniger modernen Bauformen. Dies legt zumindest sein eigenes Bauvorhaben nahe. Zusammen mit seinem Schwager, dem Architekten Alfred Eitel, plante er 1921 in der Grimmstraße ein zweistöckiges Reihenhaus mit sieben Einheiten. Das Projekt wurde trotz genehmigter Baupläne nicht realisiert, was möglicherweise mit der ab 1925 im Umfeld entstehenden Beamtensiedlung für die Württembergische Brandversicherungsanstalt zusammenhing. Privat wohnte Julius Hoffmann in der Johannesstraße in einem Neorenaissance-Bau von 1886. Der Verlag hatte seit 1911 seinen Sitz in der Paulinenstraße in einem 1909 im geometrischen Jugendstil erbauten Geschäftshaus.

Abgesehen von Kunstgewerbe und Architektur umfasste das Programm des Julius Hoffmann Verlags teilweise ungewöhnliche Titel, die der Verleger nicht selten bei seinen Auslandsreisen kennengelernt hatte. So veröffentlichte er 1906 eine „Japanische Gymnastik für Knaben und Mädchen nach dem Jiu-Jitsu-System“, ab 1908 Geschichtswerke des italienischen Historikers Guglielmo Ferrero und die Romane von H. G. Wells. Mitte der 1920er Jahre folgten Schriften von und über Maria Montessori. Mit dem Literaturhistoriker Hanns Wolfgang Rath (Pseudonym für Carl-Friedrich Schulz-Euler), der Mörike-Briefe und den Roman „Silberschleier“ herausgab, führte der Verleger einen umfangreichen Briefwechsel.

Mit 69 Jahren starb Julius Hoffmann am 30. April 1932 in Stuttgart. Seine Teilhaber Heinrich Jacobs und Herbert Hoffmann betrieben den Verlag weiter, der im Dritten Reich weiterarbeiten konnte, zumal Herbert Hoffmann im „Börsenverein des Deutschen Buchhandels“ aktiv war. 1937 trat er indes zum Schutz seiner halbjüdischen Ehefrau von allen öffentlichen Ämtern zurück. Viele Verlagstitel blieben bis weit in die 1930er Jahre hinein lieferbar und die Zeitschrift „Moderne Bauformen“ wurde sogar bis 1944 fortgesetzt. Die Autorin und Designtheoretikerin Mia Seeger arbeitete von 1937 bis 1953 im Verlag als Lektorin. Im Kriegsjahr 1943 verbrannten bei einem Bombenangriff Teile des Verlagsgebäudes in der Paulinenstraße, das Firmenarchiv und das Lager.

1946 erhielt Herbert Hoffmann eine Lizenz zur Wiedereröffnung und wurde nach dem Tod von Heinrich Jacobs 1948 Alleininhaber. 1950 übernahm sein Sohn Kurt Hoffmann (geb. 1923) die Geschäftsführung. 1988 wurde der Julius Hoffmann Verlag schließlich an die Stuttgarter Deutsche Verlags-Anstalt verkauft, die seit 2005 zu Random House gehört.

Text: Silke Knappenberger-Jans
Schlagwort: Stuttgart-Mitte
Quellenhinweise:

Stadtarchiv Stuttgart 1060 Verlag Julius Hoffmann 1-3.
Stadtarchiv Stuttgart 116/3 Baurechtsamt 7119 Grimmstraße 15.
Mappe Hoffmann, Karl und Julius (Lesesaal Stadtarchiv Stuttgart), darin u. a. Familientafel Hoffmann, Auszug aus Familienregister.

Literaturhinweise:

Thomas Bez/Ulrich Commerell/Kurt Hoffmann u. a., Der Stuttgarter Buchhandel im 20. Jahrhundert, Stuttgart 1997.
Alfred Druckenmüller, Der Buchhandel in Stuttgart seit der Erfindung der Buchdruckerkunst bis zur Gegenwart, Stuttgart 1908.
Rolf Fuhlrott, Deutschsprachige Architekturzeitschriften. Entstehung und Entwicklung der Fachzeitschriften für Architektur in der Zeit von 1789-1918, München 1975, S. 168-169.
Roland Jaeger, Neue Werkkunst. Architektenmonographien der zwanziger Jahre, Berlin 1998, S. 105, 114-117.
Ute Liebert, Geschichte der Stuttgarter Kinder- und Jugendbuchverlage im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1984, S. 47-49.
Horst Makus, Einleitung, in: Der Moderne Stil. Internationale Rundschau über die besten Leistungen der auf gewerblichem Gebiete thätigen Künstler, hg. von Julius Hoffmann jun., Bd. 1, Reprint Stuttgart 2006, S. 6-16.
Dorothea Peters, Kunstverlage, in: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 2, Die Weimarer Republik 1918-1933, hg. von Ernst Fischer/Stephan Füssel, München 2007, S. 463-508, hier S. 488, 495.
John Zukowsky (Hg.), Architektur in Deutschland 1919-1939. Die Vielfalt der Moderne, München 1994, S. 9-19.

GND-Identifier: 116940026
Publiziert am: 21.06.2024
Empfohlene Zitierweise:
Silke Knappenberger-Jans, Julius Hoffmann jun. (1864-1932), publiziert am 21.06.2024 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/2aa325cc-6e6d-488c-84f7-99a328e61410/Julius_Hoffmann_jun..html