Die Sternwarte Stuttgart befindet sich auf der Uhlandshöhe inmitten des Stuttgarter Stadtgebiets. Sie zählt zu den ältesten Volkssternwarten Deutschlands mit regelmäßigen öffentlichen Publikumsführungen.

Die Geschichte der Stuttgarter Sternwarte ist untrennbar mit dem Namen des populären Astronomen und erfolgreichen Schriftstellers Robert Henseling (1883-1964) verbunden. Er publizierte 1910 erstmals das astronomische Jahrbuch „Sternbüchlein“ und gründete den überregionalen Verein „Bund der Sternfreunde“ (BdS). Beide Gründungen existieren heute noch, sie sind inzwischen als „Himmelsjahr“ und „Vereinigung der Sternfreunde“ (VdS) bekannt.

Um in Stuttgart eine Sternwarte zu errichten, gründete Henseling im Jahr 1919 den Verein „Schwäbische Sternwarte“, der 1920 als „e.V.“ eingetragen wurde. Noch im gleichen Jahr wurde ein geeigneter Bauplatz auf der Uhlandshöhe auf dem Gelände des Wasserhochbehälters der Technischen Werke Stuttgart (TWS) gefunden. Architekt Wilhelm Jost (1887-1948) entwarf die Pläne für die Sternwarte, die nach nur knapp zwei Jahren Bauzeit am 8. Januar 1922 eröffnet werden konnte. Den Bau der Sternwarte ermöglichten zahlreiche Spenden und Eigenleistungen der Vereinsmitglieder. Zu den Mäzenen zählte auch der weltberühmte Physiker Albert Einstein, der sein Honorar für einen Gastvortrag in Stuttgart spendete.

Auf Initiative von Henseling wurde auch das erste Stuttgarter Planetarium gebaut (1928-1943), dessen erster Direktor er auch wurde – allerdings nur für wenige Monate. Denn er folgte bald einem Ruf an das neu errichtete Berliner Planetarium.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kuppel der Sternwarte demontiert und der Turm als Flak-Stellung genutzt. Schon bald nach Ende des Krieges konnte der Führungs- und Beobachtungsbetrieb dank engagierter Vereinsmitglieder wieder aufgenommen werden.

Die Sternwarte Stuttgart steht auf der Uhlandshöhe mitten im Stuttgarter Stadtgebiet in direkter Nachbarschaft eines Wasserbehälters der EnBW in 354 Meter Seehöhe. Sie wird vom Verein Schwäbische Sternwarte e.V. unterhalten. Der Betrieb erfolgt durch die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Vereins. Betrieb und Unterhaltung der Sternwarte werden vom Kulturamt der Landeshauptstadt Stuttgart unterstützt und gefördert. Jährlich besuchen zwischen 3000 und 5000 Gäste die Sternführungen auf der Uhlandshöhe.

Hauptaufgabe der Stuttgarter Sternwarte ist die Veranstaltung von Sternführungen für ein breites Publikum, für Schulklassen und speziell interessierte Gruppen. Daneben werden fachgerechte Beobachtungen von Planeten, Kometen, Kleinplaneten, Sternbedeckungen und veränderlichen Sternen durchgeführt.

Die Sternwarte verfügt über zwei Kuppeln, einen Vortragssaal und eine Beobachtungsterrasse. In der Hauptkuppel steht der historische Zeiss-Refraktor mit sieben Zoll (17,5 Zentimeter) freier Objektivöffnung und einer Primärbrennweite von 259 Zentimeter. Dieses klassische Linsenfernrohr wird vornehmlich für den Führungsbetrieb der Sternwarte eingesetzt. Darüber hinaus verfügt die Sternwarte über einen modernen 7-Zoll-Refraktor (17,8 Zentimeter) mit einer Primärbrennweite von 165 Zentimeter sowie einen 16-Zoll-Newton-Reflektor (40,6 Zentimeter) und einer Primärbrennweite von 180 Zentimeter. Ferner steht ein Sonnenteleskop mit 10 Zentimeter Öffnung und 80 Zentimeter Brennweite zur Verfügung. Weitere kleinere, transportable Fernrohre kommen bei hoher Besucherzahl zum Einsatz.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betreibt seit 2012 in der kleinen Kuppel der Sternwarte ein Teleskop zur lasergestützten Erfassung und Bahnvermessung von Weltraumschrott (Space Debris).

Am 10. November 2015 wurden der Vortragssaal und die Bibliothek der Sternwarte durch Brandstiftung ein Raub der Flammen. Rauchgase beschädigten auch zahlreihe Instrumente schwer. Unter anderem wurde der Zeiss-Refraktor in der Hauptkuppel in Mitleidenschaft gezogen und musste zur Reparatur demontiert und in die Zeiss-Werke nach Jena transportiert werden. Nach umfangreichen Renovierungs- und Wiederaufbauarbeiten konnte am 23. März 2018 der Sternwartebetrieb wieder in vollem Umfang aufgenommen werden.

Text: Hans-Ulrich Keller
Schlagworte: Wissenschaftsfestival, Stuttgart-Ost
Quellenhinweise:

 

 

Literaturhinweise:

Festschrift anläßlich des 75-jährigen Bestehens der Sternwarte Stuttgart 1922-1997, Stuttgart 1997.

Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Hans-Ulrich Keller, Sternwarte Stuttgart, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/1c2adbbd-f3e3-415d-842b-4d1bbfcf1c4a/Sternwarte_Stuttgart.html