Die fünf Stuttgarter Parkseen sowie die verbindenden Kanäle wurden zur Wasserversorgung der Stadt Stuttgart angelegt. In der Barockzeit wurde der umgebende Glemswald zum bevorzugten Jagdgebiet der württembergischen Herzöge. Heute dient das Areal als Naherholungsgebiet.

Um frisches und sauberes Wasser zu haben, ließ Graf Eberhard V. im Bart bereits im Jahr 1490 eine Teichelleitung – mit Eisenmuffen verbundene ausgehöhlte Baumstämme – von Kaltental zum Alten Schloss legen und entzog dem Nesenbach, der den Stuttgarter Talkessel entwässerte, dadurch frisch zulaufendes Wasser. Nicht zuletzt deshalb führte der Bach in trockenen Zeiten so wenig Wasser, dass sich im Jahr 1564 drei Heslacher Müller bei Herzog Christoph beklagten, ihnen sei das Quellwasser entzogen worden. Dieses hätte ihnen bisher ermöglicht, auch bei Frost zu mahlen, wenn andere Wasserläufe zugefroren waren. Sie baten daher darum, ihnen anderes Wasser, etwa aus dem Glemsbach, zu verschaffen. Herzog Christoph befahl daraufhin den „Bau- und Bronnenmeistern“ Tretsch, Spindler und Härtlin, die Angelegenheit zu prüfen. In ihrem Bericht bestätigten sie im September 1565 die Klagen der Müller. Sie empfahlen daher, das Moor auf der Pfaffenwiese, „in das eine ziemlich starke Quelle mit schönem, lustigen und lauteren Wasser laufe“, mittels zweier Dämme aufzustauen und über einen Graben mit der Heidenklinge zu verbinden. Von dort würde das Wasser von selbst in den Nesenbach fließen. Außerdem könne man den entstandenen See auch mit Fischen besetzen.

Also legte man 1566 den Pfaffensee an mit einem Fassungsvermögen von 180.000 Kubikmeter an. Anstelle eines Grabens befahl Herzog Christoph jedoch, einen Stollen zur Heidenklinge zu legen. Mit dem Bau begann man noch 1565, zwei Jahre später war er fertig – jedoch unbrauchbar, weil er nicht regelmäßig abfiel. Die Baumeister hatten es sich einfach gemacht und festes Gestein nicht entsprechend dem nötigen Gefälle abgeschlagen. Die Nacharbeiten nahmen enorme Zeit in Anspruch, erst im Jahr 1575 funktionierte der Stollen. Im trockenen Sommer 1578 lobten die Müller, sie hätten nun mehr Wasser als je zuvor. Immerhin flossen nun zusätzlich etwa 300.000 Kubikmeter Wasser im Jahr, also etwa 10 Liter pro Sekunde, dem Nesenbach zu.

Bereits neun Jahre später klagten die Müller erneut über Wassermangel. Hatte doch der fürstliche Brunnenmeister ihnen den Zufluss von zwei Quellen im Burgstall oberhalb Heslachs entzogen. Daraufhin befahl Herzog Johann Friedrich im Jahr 1618, den Bärensee anzulegen. Der Bärensee mit einem Fassungsvermögen von 172.000 Kubikmeter ist wie der Pfaffensee ein Stausee und wird durch den Bernhardsbach gespeist. Dieser entspringt in einem kleinen Weiher südwestlich des Schlosses Solitude und fließt etwa 2,8 Kilometer nach Süden, bevor er zum Bärensee aufgestaut wird. Den Bärensee verband man schließlich durch einen offenen, etwa ein Kilometer langen Hangkanal mit dem Pfaffensee. Der Hangkanal überquerte den Abfluss der Glems über ein Aquädukt. Heute befindet sich an dieser Stelle der Stauhang des Neuen Sees.

Trotz der beiden Seen kam jedoch noch immer nicht ausreichend Wasser in die wachsende Stadt Stuttgart. Der Nesenbach war oft nur ein Rinnsal, in dem allerlei Unrat lag, der nur ab und zu entfernt wurde. 1618 beispielsweise waren 20 Mann 18 Tage lang mit dem Ausheben des Unrats und dem Abtransport des Schlammes beschäftigt.

Um noch mehr Wasser in den Stuttgarter Talkessel zu bringen, staute man unter König Friedrich bis 1812 im Büsnauer Wald noch den Steinbachsee (40.000 Kubikmeter) und den Katzenbachsee (80.000 Kubikmeter) auf und verband ihn über einen drei Kilometer langen offenen Kanal mit dem 1833 angelegten „Neuen See“ (340.000 Kubikmeter) zwischen Bären- und Pfaffensee. Die Glems fließt deshalb heute noch unter dem Stauhang des Neuen Sees hindurch zum „Bildstöcklesweiher“ und weiter durch das Mahdental in Richtung Leonberg. Seinen Namen hat der „Bildstöcklesweiher“ von dem nahe gelegenen Denkmal für den 13-jährigen Veit Demmler, der hier am 10. Juni 1621 auf der Rückreise von der Nördlinger Messe einer Krankheit erlag.

Endlich meinte man, genügend Wasser zur Verfügung zu haben, um zweimal in der Woche den Nesenbach innerhalb der Stadt durchspülen zu können. Dafür legte man ungefähr dort, wo sich heute die Paulinenbrücke befindet, ein „Reservoir“ genanntes Staubecken an. Trotz der zusätzlichen Wassermenge von insgesamt etwa 50 Liter in der Sekunde, die durch die fünf Seen bereitgestellt wurde, reichte es nur für eine wöchentliche Spülung. Empfindliche Strafen wurden verhängt, um die Bürger davon abzuhalten, weiterhin ihren Unrat in den Bach zu werfen. Außerdem sorgte das 1812 fertiggestellte Reservoir auch für moralischen Ärger, weil das als unsittlich empfundene Baden von Jugendlichen überhandnahm und daher mit einem Gulden Strafe geahndet wurde. Schüler, die nichts bezahlen konnten, wurden mit einer Schulstrafe belegt. Wenige Jahre später wurde das „Reservoir“ wieder zugeschüttet.

Mit der 1958 in Betrieb genommenen Bodensee-Wasserleitung haben die Parkseen an Bedeutung für die Stuttgarter Wasserversorgung verloren. Waren Sie zunächst noch Speicherseen für das Bodenseewasser, änderte sich dies 1998. Die EnBW als Nachfolgekonzern der Technischen Werke Stuttgart hielt es nicht für sinnvoll, das saubere Bodenseewasser weiter in die Parkseen zu pumpen und es danach im Wasserwerk Gallenklinge von allerhand Blättern und anderem Schmutz zu säubern. Deshalb wird das Bodenseewasser heute direkt in das Stuttgarter Netz geleitet. An die historische Wasserversorgung erinnert noch der Abflusstrog am Pfaffensee mit dem sogenannten Bolzenhäuschen aus dem Jahr 1826, in dem die Abflussmenge geregelt wurde.

Im 18. Jahrhundert wurden die Seen und der umgebende Wald ein bevorzugtes Jagdgebiet der württembergischen Herzöge. Schon 1724 ließ Herzog Eberhard Ludwig sternförmige Alleen für die Parforcejagd anlegen. Werden heute im 1965 angelegten, insgesamt 10 Hektar großen Rot- und Schwarzwildpark die Hirsche, Rehe und Wildschweine geschützt, diente das ganze Waldgebiet früher der Aufzucht der Tiere, um genug Wild für die fürstlichen Jagden zu haben. Bei rauschenden Jagdfesten wurden die Tiere in sogenannten „Abjagenskammern“ nach Arten getrennt den steilen Hang zum Bärensee hinunter wie durch einen Katarakt gejagt und abgeschossen. Danach vergnügte sich die fürstliche Gesellschaft bei feinen Speisen, Musik und Tanz. Festlicher Höhepunkt war eine Gondelfahrt auf dem See, womöglich in Begleitung des Herzogs. Schließlich hatte sich Herzog Karl Eugen von seiner Reise nach Venedig im Jahr 1767 zwei Gondolieri mitgebracht, für die er hier entsprechende Gondeln bauen und auf dem Bärensee schwimmen ließ. Des Herzogs rot gestrichene Gondel, eine Cavaliersgondel, eine Hofstaatsgondel, eine Musikergondel und fünf kleinere Boote bildeten die „Bärensee-Flotte“. Die venezianischen Löwen am Ufer des Sees erinnern heute noch an die Anlegestelle.

Oberhalb der Anlegestelle erbaute Hofbaumeister Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer zudem einen zweigeschossigen ovalen Pavillon – das erste „Bärenschlössle“. 1817 wurde der Pavillon durch ein größeres Bauwerk im klassizistischen Stil ersetzt, das König Wilhelm I. vom Tiergarten bei Freudental hierherbringen hatte lassen. Für die Versorgung der Wildtiere und zum Unterstand der fürstlichen Jagdgesellschaft entstanden ab 1843 im Park vier „Schieß- und Futterhäuser“, auf der Hirschwiese gegenüber vom Bärenschlössle, auf der Glemswiese, beim Damgarten und am Saufang. Dazu kamen vier Parkwächterhäuser, aus denen später Forsthäuser wurden. In der Bärenklinge, etwa 100 Meter nordöstlich des Bärenschlössles, entstand 1775 ein steinernes Gemäuer, das heute oft als Bärenzwinger gedeutet wird. In Wirklichkeit war es damals jedoch der Schauplatz von Schäferspielen, bei denen das als idyllisch angesehene Hirtenleben nachgeahmt wurde.

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts durften die Bürger bei der Wildfütterung zuschauen. Sie mussten jedoch Eintritt bezahlen, wenn sie den Holzzaun, der den ganzen Rot- und Schwarzwildpark umgab, durchschreiten wollten. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Bärenschlössle durch eine Brandbombe bis auf die Grundmauern zerstört. Erst 1963 wurde es wieder erstellt, mit einem Lokal innerhalb des erhaltenen Sockelgeschosses und einer offenen Halle im Obergeschoss. Die beiden nach dem Krieg verschwundenen Bronzebären wurden durch je 300 Kilogramm schwere Nachbildungen ersetzt. Am 13. November 1994 wurde das Gebäude durch einen Brand erneut zerstört. Für 2,6 Millionen Mark entstand bis 1997 der heutige Bau, der sich am Gebäude des Jahres 1817 orientiert und das Obergeschoss wieder geschlossen zeigt. Er ist somit das vierte Bärenschlössle am selben Platz.

Text: Herbert Medek
Schlagwort: Stuttgart-West
Quellenhinweise:

Archiv Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Stuttgart.
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 21 Bü 202 und Bü 203.
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 24 Bü 42.
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 25 Bü 126.
Stadtarchiv Stuttgart 11 Depot B 1162 und 1164.
Stadtarchiv Stuttgart 9350 Karten und Pläne 206 und 207.

Literaturhinweise:

Gary Duszynski, Waldleben: Im Stuttgarter Wald zwischen Solitude und Bärensee, Leonberg 1995.
Walter Meyer-König, Stuttgart und das Wasser. Geschichte der Stuttgarter Wasserversorgung, Stuttgart 1983.
Herbert Medek/Andrea Nuding, Heusteig, Gerber, Bohnenviertel. Stuttgarts Innenstadt-Quartiere, Tübingen 2015.
Arbeitskreis Botnanger Heimatgeschichte, Wo der Herzog Gondel fuhr: Das Haus am Bärensee und seine Geschichte, in: Botnanger Heimat 20 (1998).

Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Herbert Medek, Parkseen, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/15323562-530c-4a69-9d83-662caf9ae61e/Parkseen.html